"Kompliment an den Piloten!"

Nur gut fünf Prozent der Piloten bei der Lufthansa sind Frauen. Eine von ihnen ist Viktoria Beck. Die 31-jährige Tübingerin wird noch oft für eine Stewardess gehalten. Sie nimmt es mit Humor.
Frau Beck, sind Sie erblich vorbelastet, haben Sie Kerosin im Blut?
Gar nicht.
Welchen Beruf haben Ihre Eltern?
Mein Vater war Banker bei der Sparkasse, meiner Mutter Lehrerin.
Was wollten Sie als Kind werden?
Architektin. Der Wunsch Pilotin zu werden, kam irgendwann mit 16.
Was war der Auslöser?
Ich war in der 10. Klasse für vier Monate im Internat in unserer französischen Partnerstadt Chamonix, und der Vater meiner dortigen Freundin war Pilot. Das fand ich spannend und zusammen haben wir dann beschlossen: Wenn wir groß sind, wollen wir auch Pilotinnen werden.
Ist Ihre Freundin auch Pilotin geworden?
Ja. Sie fliegt für eine europäische Fluggesellschaft und ist auf der Langstrecke im Einsatz. Wir haben uns gerade erst während eines Aufenthalts in Paris getroffen.
Was sagen Ihre Freunde zu dem Beruf und wie geht Ihr Partner damit um?
Meine Familie und Freunde finden das super und sind immer sehr interessiert, wenn ich von der Fliegerei erzähle. Mein Partner ist auch Pilot. Wir haben uns im Beruf kennengelernt.
Waren Sie in der Ausbildung mit Vorurteilen konfrontiert? Wie hoch lag der prozentuale Anteil an Männern und Frauen?
Der Frauenanteil im Cockpit bei Lufthansa liegt bei knapp über fünf Prozent. In meinem Lehrgang an der Flugschule in Bremen und Phoenix waren von 20 Schülern vier Mädels. Natürlich schweißt das zusammen. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl, als Frau benachteiligt zu sein. Und ich muss zugeben: In Elektrotechnik war ich nicht unbedingt die Beste.
Wie kann man sich als Frau in einer Männerdomäne am besten behaupten?
Am besten die Frau bleibt Frau. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn eine Frau versucht, männlich zu sein. Wir haben als Frauen großartige Stärken, zum Beispiel in der sozialen Kompetenz. Gerade der soziale Bereich, die Kommunikation im Cockpit und in der Crew, und das selbstkritische Beobachten der eigenen Person sind wichtige Teile in der heutigen Fliegerei.
Es gibt viele Klischees im sprichwörtlichen Verhältnis zwischen Piloten und Flugbegleiterinnen. Gelten die umgekehrt auch? Reißen sich die Flugbegleiter darum, der Pilotin den Kaffee ins Cockpit zu bringen?
So ist das nicht. Es ist auch für die Flugbegleiterinnen was Tolles, eine Frau im Cockpit zu haben, das Verhältnis untereinander ist immer sehr gut und ich bekomme sehr liebe Komplimente von den weiblichen als auch männlichen Kollegen.
Welches ist Ihre Lieblingsstrecke bzw. Ihr Lieblingsziel?
Momentan fliege ich noch Kurzstrecke und meine Lieblingsstrecke ist unter anderem der Flug von München nach Lissabon. Der Flugverlauf ist traumhaft, je nach Windverhältnissen geht es vorbei an der Zugspitze über den Bodensee hinweg, weiter nach Zürich und Genf, vorbei am Mont Blanc, Lyon und dann über die Pyrenäen und Madrid nach Lissabon. Auch der Anflug nach Lissabon ist gigantisch, erst übers Meer, an der Küste entlang, dann über die Stadt, die ganz nah beim Flughafen liegt.
Welches war der größte Vogel, den Sie bisher geflogen haben?
Ein Airbus A 321, 44 Meter lang, 34,20 Meter Flügelspannweite, der maximal 190 Passagiere an Bord hat.
Ihr liebster Pilotenwitz?
Treffen sich zwei Mäuse-Freundinnen, die eine gerade frisch verliebt. Sagt: Du, der Typ ist so süß, und ein echter Kosmopolit! Kramt ein Foto raus, zeigt es der Freundin. Die erstaunt: Aber das ist doch eine Fledermaus! Die verliebte Maus irritiert: Mir hat er gesagt, er ist Pilot.
Gab es schon mal Bemerkungen von Passagieren von wegen „Frau am Steuer – Ungeheuer?“
So direkt nicht, aber wenn ich in Uniform vorne stehe, um die Passagiere zu begrüßen oder zu verabschieden, da kann man noch so viele Streifen am Ärmel des Jackets tragen und ich werde als Frau doch als Flugbegleiterin gesehen. So kommt es zum Beispiel vor, dass ich nach einem Glas Wasser gefragt werde oder dass mir Passagiere sagen, ich soll den Cockpitkollegen ausrichten, dass die Landung besonders gut war. Ich muss zugeben, dass ich mein Schmunzeln nicht zurückhalten kann, wenn ich mich für das Komplimnent bedanke.
Was war Ihr schlimmstes und was Ihr schönstes Erlebnis über den Wolken?
Das schönste sind die Flüge über die Alpen, besonders bei Sonnenaufgang oder -untergang. Ein schlimmstes Erlebnis? Gab es eigentlich keins.
Wie lange wollen Sie fliegen. Oder anders gefragt: Lässt sich der Beruf der Pilotin mit Familienplanung vereinbaren?
Das war für mich im Vorfeld eine der wichtigsten Fragen, denn ich will auf alle Fälle einmal Kinder haben. Aber Familie und Beruf lassen sich für Pilotinnen tatsächlich wunderbar miteinander vereinbaren. Wenn ich zum Beispiel ein Jahr nach der Geburt wieder anfangen möchte, werde ich trotz meiner Auszeit zur gleichen Zeit Kapitänin, wie meine Lehrgangskollegen. Somit bin ich sowohl finanziell als auch von meinem beruflichen Werdegang her nicht benachteiligt. Außerdem lassen sich in der Fliegerei Teilzeitregelungen bestens vereinbaren.
Ist Pilotin nach wie vor Ihr Traumberuf?
Auf jeden Fall!
Ab wann werden Sie auf der Langstrecke eingesetzt?
Ab diesem Jahr.
Auf welche Ziele freuen Sie sich da besonders?
Auf viele: Kapstadt, Hongkong, Mexiko, Tokio. Und natürlich auf Singapur, weil dort mein Bruder lebt.
Interview: Christine Hinkofer
Die starken Frauen auf dem Meer
- Clementina Palumbo, Hoteldirektorin auf der Costa Pacifica. Mit an Bord sind Mama Anna Teresa Caruso und Sohn Emanuele.
Clementinas Mama hat es immer schon gewusst. Wer, wie ihre

Tochter, an der italienischen Amalfiküste aufwächst, wo das Meer praktisch zum Leben dazugehört, für den ist die Zukunft vorbestimmt: „Du wirst einmal einen Kapitän heiraten“, hat sie ihrer Tochter prophezeit. Es ist dann doch etwas anders gekommen. Clementina hat selbst Karriere auf einem Schiff gemacht. Mit 20 begann für sie das, was sie „dieses wunderbare Abenteuer auf dem Meer“ nennt. Heute ist Clementina Palumbo (40) aus Salerno Hoteldirektorin auf der Costa Pacifica. Zuständig für das Wohl von 3780 Passagieren und 1100 Crewmitgliedern. „Auch sie müssen an Bord glücklich sein, denn nur dann können sie einen guten Job machen“, meint Clementina. Ihr eigenes Glück hängt von Emanuele ab. Dass sie ihren Mann – der übrigens Schiffsingenieur ist – oft wochenlang nicht sieht, das könne sie noch verschmerzen. Aber ohne ihren Sohn sein? „Keine zehn Tage!“ Und deshalb ist Emanuele (2) mit an Bord und auch Mama Anna Teresa Caruso. Eine Karrierefrau, die das Familienleben an Bord unter einen Hut kriegt.
- Karin Stahre Janson, Kapitänin der Majesty of the Seas (268 Meter Länge, 2744 Passagiere, 827 Besatzungsmitglieder)

Sie ist die Vorreiterin unter den Kreuzfahrt-Kapitäninnen: die Schwedin Karin Stahre Janson. Seit 2007 führt sie als erste Kapitänin auf einem Kreuzfahrtschiff überhaupt das Kommando auf der Majesty of the Seas. Zuvor hatte die 45-Jährige bei Royal Caribbean International bereits mehrere Jahre lang die Position der Ersten Offizierin bekleidet. Auf die Frage, was sie an ihrer Arbeit besonders schätzt, sagt Karin Stahre Janson: „Vor allem den Umgang mit vielen Menschen in unterschiedlichen Bereichen. Das macht meine Arbeit jeden Tag spannend.“
- Inger Klein Olsen, Kapitänin der Queen Victoria (294 Meter Länge, 1990 Passagiere, 900 Besatzungsmitglieder)
Schon mit 16 bewarb sich Inger Olsen für einen Ferienjob auf einem

Cargo-Schiff. Über ihre Ernennung zur Kapitänin auf der Queen Victoria im Dezember 2010 – als erste Frau in der Geschichte der Traditionsreederei Cunard Line – sagt die 47-Jährige: „Das habe ich nicht einmal zu träumen gewagt.“ Auch wenn sie sich bewusst für diesen Beruf entschieden hat, würde sie nicht jeder Frau dazu raten. „Man ist für drei, vier Monate am Stück von zu Hause weg.“ Gerade mit Kindern sei das schwierig. Sie selbst verbringt ihren Urlaub am liebsten mit der Familie in der dänischen Heimat.
- Margrith Ettlin, Kapitänin der Silver Explorer (108 Meter Länge, 132 Passagiere, 111 Besatzungsmitglieder)
Die Polarregionen sind ihr Zuhause: Margrit Ettlin (43) übernahm im

August 2013 als erste Frau das Kommando auf einem Expeditionsschiff. Schon früh stand für die gebürtige Schweizerin fest, dass sie die Welt entdecken möchte. Nach ihrem Abschluss an der Seefahrtschule in Pino di Sorrento umsegelte sie mehrmals die Welt, sammelte dann Erfahrung auf Expeditionsschiffen und lernte Eisbrecher zu steuern, bis sie schließlich Kapitänin der Silver Explorer wurde. Sie erkundet das ewige Eis heute nicht nur vom Wasser aus, sondern überfliegt es auch als Helikopter-Pilotin.
ch