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Unruhe vor dem Supercup: Euro-Held Filip Kostic verlässt Eintracht Frankfurt

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Von: Ingo Durstewitz

War auch von Trainer Oliver Glasner nicht zu halten: Filip Kostic (rechts).
War auch von Trainer Oliver Glasner nicht zu halten: Filip Kostic (rechts). © dpa

Nun also doch: Starspieler Filip Kostic verlässt Eintracht Frankfurt und schließt sich für eine Ablöse von 17 Millionen Juventus Turin an.

Frankfurt - Am Vormittag trainierte er noch mit seinen Kollegen von Eintracht Frankfurt am Waldstadion, fast so, als stünde nichts Spektakuläres bevor. Okay, er stand in der B-Elf, ein Filip Kostic steht sonst nie der B-Elf, aber er lachte und flachste, ließ sich nichts anmerken. Zeitgleich sickerte aber bereits durch, dass etwas im Busch ist. Die seit Wochen wabernden Spekulationen um einen Abgang des serbischen Nationalspielers nahmen am Dienstagmorgen (09. August) Fahrt auf. Und während Kostic noch auf dem Trainingsplatz stand, war klar, dass er das große Supercupfinale am Mittwoch (21 Uhr/RTL) in Helsinki gegen Real Madrid schon gar nicht mehr spielen wird.

Der 29-Jährige war kurz darauf nicht an Bord der Maschine, die die Mannschaft in die finnische Hauptstadt flog. Filip Kostic, der Starspieler, der beste Frankfurter, wird das Eintracht-Trikot nicht mehr tragen, er schließt sich dem italienischen Spitzenverein Juventus Turin an. Am Mittwoch steht bereits der Medizincheck in Italien an.

Eintracht Frankfurt: Filip Kostic auf Wunsch von Turin nicht beim Supercup dabei

Dass Kostic das Real-Spiel auslässt, geschieht, wie Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche einräumte, auf Wunsch des neuen Klubs. Verletzen sollte sich der Linksaußen nicht mehr. „Filip hat sich in der abgelaufenen Saison mustergültig verhalten und einen großen Anteil am Gewinn der Europa League“, sagt Krösche. „Wir haben immer gesagt, dass wir ihm bei einem für alle Seiten guten Angebot keine Steine in den Weg legen.“ Das gute Angebot ist nun eingetrudelt, es wird nur noch an Details gefeilt. Scheitern wird der Deal nicht mehr.

Der bringt Kostic einen Vertrag über drei Jahre und ein Jahresgehalt von drei Millionen Euro – netto. Mit Juve war der Flügelspieler schon länger weitgehend klar, die FR berichtete bereits im Juni darüber. Kostic reizt die italienische Liga und auch der Klang des Namens. Mit fast 30 wollte er noch mal was Neues machen und einen letzten großen Vertrag ergattern.

Filip Kostic verabschiedet sich von Fans von Eintracht Frankfurt

Am Freitag im Spiel gegen die Bayern hatte sich Kostic schon von den Eintracht-Fans verabschiedet und gestenreich bedeutet, dass sie in seinem Herzen bleiben. Schon vor einem Jahr, als er vor einem Wechsel zu Lazio Rom stand, hatte Trainer Oliver Glasner ihm ins Gewissen geredet: „Die Menschen sollen Spalier stehen, wenn du mal gehst.“ Das haben sie getan. Glasners Bauchgefühl, das ihm sagte, der Spieler werde in Frankfurt bleiben, hat ihn getäuscht. Auch nach der Partie gegen Bayern habe er noch „ein sehr gutes Gefühl“ gehabt, betonte der Fußballlehrer jetzt. Doch die Hoffnung auf einen Verbleib wurde am Montagabend zunichte gemacht. „Um 23 Uhr hat sich das zerschlagen.“

Er sehe die Trennung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Filip hat unsere Offensive sehr geprägt, das ist erst einmal eine Schwächung für uns. Aber er verlässt uns jetzt als Held, und das gönne ich ihm von Herzen.“

Kostic geht auf seinem Höhepunkt in Frankfurt, er hat die Eintracht, überspitzt formuliert, im Alleingang zum ersten internationalen Triumph seit 42 Jahren geschossen.

Kostic ist in den Herzen der Eintracht-Fans verankert, und er selbst weiß zu gut, dass der Klub ihm wieder auf die Beine geholfen und seine Karriere neu befeuert hat – denn damals, als er beim HSV auf dem Abstellgleis rangierte, interessierten sich die wenigsten für ihn, er galt als schwierig, launenhaft, als Stinkstiefel. Die letzten vier Jahren waren die besten in seiner Laufbahn, sie haben ihn in einem anderen Licht erscheinen lassen. Auch wenn nicht immer alles rosig war, der Streik vor einem Jahr hat ihm ein paar Sympathien gekostet. 

Eintracht Frankfurt erhält 17 Millionen Ablöse für Filip Kostic

Die Frankfurter werden für ihren besten Spieler eine angemessene Ablöse erhalten, die nicht exorbitant hoch, aber für einen Akteur, der in sein letztes Vertragsjahr geht, in Ordnung ist: rund 17 Millionen Euro plus möglichen Bonuszahlungen. Da kann so eine Summe noch mal ganz schön anwachsen. Für Luka Jovic und seinen Wechsel zu Real Madrid 2019 hat die Eintracht durch Zusatzvereinbarungen insgesamt sechs Millionen Euro on top zu den fest vereinbarten 62,5 Millionen Euro bekommen, zwei Millionen Euro flossen alleine für den Champions-League-Sieg Reals in diesem Jahr – an dem hatte Jovic zwar keinen Anteil, aber was soll’s. So viel Boni wir es bei Kostic freilich nicht geben.

Die Eintracht ohne ihr Powerpaket auf links – das ist nur schwer vorstellbar. Der Serbe hat das Spiel des Bundesligisten vier Jahre lang geprägt, in 171 Partien war er an mehr als 100 Toren beteiligt. Sein Weggang ist ein Schlag ins Kontor. Eins zu eins lässt sich der Musterprofi nicht ersetzen, obwohl sich die Eintracht nach Ersatz auf seiner Position umsieht.

Nach Weggang von Filip Kositc: Eintracht Frankfurt muss ihr Spiel umstellen

„Wir sind vorbereitet“, sagte Glasner. „Der Klub ist dran, mal sehen, was passiert.“ Mit Dina Ebimbe von Paris Saint-Germain ist die Eintracht einig, da wird noch an der Ablöse gefeilscht. Doch dieser Transfer wäre losgelöst vom Kostic-Abgang zu sehen; ein Abgang, der das Team, wie Kevin Trapp betonte, „nicht geschockt“ habe. „Es ist schade und tut weh, aber es wirft uns nicht aus der Bahn. Wir können auch ohne Filip Spiele gewinnen.“

Die Frankfurter werden ihr Spiel umstellen müssen, was ihnen ja sowieso vorschwebte. „Das ist auch eine Chance für andere Spieler“, sagt Glasner. „Wir müssen seine Offensivpower anderweitig ersetzen.“ Einen kurzfristigen Systemwechsel schloss der Trainer indessen aus.

Natürlich war der Stil ausrechenbar, weil eben viel über links und Kostic lief, der aber eben auch oft genug den Unterschied gemacht hat. Es ist kein Zufall, dass er offiziell zum besten Spieler der Europa League gewählt wurde. Kostic, und das ist das Besondere, hat selbst dann noch zulegen und Spiele entscheiden können, wenn alle anderen schon platt waren – und er kam trotzdem oft genug durch, obwohl jeder Gegenspieler wusste, was auf ihn zukommt. Doch halten konnte man Kostic ab und an, aber nicht dauerhaft.

Für die Eintracht stand dennoch nie zur Debatte, ihren Akteur zu halten, wenn er einen Wechselwunsch äußern würde. Zum einen weil sie um seine Verdienste weiß und ihm die Aussicht auf einen satten Verdienst bei einem Topklub nicht verbauen wollte. Zum anderen, weil sie sehr wohl auf Transfererlöse angewiesen ist und es vermeiden will, Spieler ablösefrei zu verlieren (was ihr im Fall von Evan Ndicka droht).

Veränderung notwendig: Das Spiel von Eintracht Frankfurt war auf Filip Kostic zugeschnitten

Und: Die Verantwortlichen störten sich an der Linkslastigkeit, hatten zudem Zweifel, dass Kostic dieses Niveau noch lange würde halten können, weil er nun mal in zweieinhalb Monaten 30 wird und von seiner Power und Dynamik lebt. Schon die abgelaufene Bundesligasaison bewerteten viele kritisch, da sei er in vielen Spielen nicht mehr an seine Leistungsgrenze gekommen. Und hinter ihm waren die Lücken immer groß.

Das alles kann sein, doch erst jetzt wird man sehen, wie es ohne ihn gehen soll. Das ganze Spiel war auf ihn zugeschnitten. Und aus den eigenen Reihen lässt er sich nicht ersetzen. Der Eintracht wird etwas fehlen ohne Filip Kostic, eine ganze Menge sogar, gar keine Frage.

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