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Ein gefühlter Sieg

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Von: Thomas Kilchenstein, Ingo Durstewitz

Keiner seiner Schüsse wollte rein am Samstag im Waldstadion: Randal Kolo Muani scheitert gleich mehrfach an BVB-Keeper Gregor Kobel.
Keiner seiner Schüsse wollte rein am Samstag im Waldstadion: Randal Kolo Muani scheitert gleich mehrfach an BVB-Keeper Gregor Kobel. © dpa

Eintracht Frankfurt hat Dortmund im Griff, scheitert nur an der eigenen Abschlussschwäche.

Es kommt nicht so oft vor, dass der Frankfurter Trainer nach einer Niederlage, noch dazu im eigenen Stadion, zufrieden nach Hause geht. Gut, so ganz zufrieden war Oliver Glasner jetzt auch wieder nicht, eine Niederlage ist eine Niederlage ist eine Niederlage, aber nach den gezeigten 90 Minuten im Waldstadion könne er doch „sehr glücklich mit dem Auftritt“ seiner Mannschaft sein. „Aus dieser Niederlage können wir Kraft und Selbstvertrauen mitnehmen“, sagte der Fußballlehrer nach einer fast schon absurden 1:2 (1:1)-Schlappe gegen Borussia Dortmund trotzig, selten hat es zuletzt eine unverdientere Niederlage gegeben. Selbst den Dortmunder war gewiss, dass der Erfolg sehr schmeichelhaft zustande gekommen war, Mats Hummels räumte denn auch fair ein, dass Borussia Dortmund „als Verlierer vom Platz geht“, wenn Eintracht Frankfurt die Chancen genutzt hätte. Es hätte sogar selbst ein Bruchteil gereicht.

Umso bitterer war es aber, dass Eintracht Frankfurt dieses echte Spitzenspiel nicht für sich hatte entscheiden können. Das lag zum eine an sehr seltsamen Entscheidungen des überforderten Schiedsrichters Sascha Stegemann (siehe Seite S1 und S2), es lang aber zum Gutteil auch an der dieses Mal mangelnden Effizienz der Frankfurter Offensive. Glasner und andere Statistiker hatten hinterher ein Torschussverhältnis von 20:7 notiert. Allein Jesper Lindström, der bärenstarke Mario Götze und in erster Linie Randal Kolo Muani hatten allerbeste Möglichkeiten, oft allein vor Torhüter Gregor Kobel, und wenn der geschlagen war, stand in Nico Schlotterbeck halt noch einer auf der Linie und rettete.

Kein Wunder also, dass die Borussen nach dem Schlusspfiff ihren Mann in rot feierten, Gregor Kobel, der Torwart, der mit weitem Abstand beste Mann der Schwarz-Gelben. Er ganz allein hielt den BVB im Spiel, selbst wenn auch er bis jetzt noch nicht weiß, wie er beispielsweise den Schuss von Kolo Muani nach etwas mehr als einer Stunde abgewehrt hatte. Und es kommt auch nicht so oft bei den Westdeutschen vor, dass sie derart viele Chancen des Gegners zulassen müssen. „Der Sieg war glücklich, aber geil“, sagte BVB-Coach Edin Terzic. Er sagte auch: „Hier gewinnen nicht viele Mannschaften.“ Und: „Die Eintracht ist sehr gefestigt in sehr vielen Abläufen – da wollen wir auch hinkommen.“

Keine Bedenken für Lissabon

Trotz der Niederlage lieferte Eintracht Frankfurt eine famose Leistung ab. Die Hessen hatten Borussia Dortmund, wie Sportvorstand Markus Krösche sagte, „total im Griff“, von einem „Spiel auf Augenhöhe“ sprach der Trainer und meinte das als dickes Kompliment für seine Mannen. Dabei war es längst mehr als Augenhöhe, die Eintracht war schlicht besser. Ja, sie schnürte den BVB im zweiten Abschnitt in der eigenen Hälfte ein, sie kombinierten, legte erneut wie selbstverständlich eine beachtliche spielerische Qualität auf den Rasen. Und erneut griff ein Rädchen in das andere, einen Schwachpunkt im Frankfurter Spiel gab es nicht. Die Entwicklung dieser Elf ist schon beachtlich, selbstbewusst, stabil und unbeirrt drückt sie dem Gegner ihren Stempel auf, attackiert, will den Sieg. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, fand Oliver Glasner.

Dass der hochverdiente Lohn ausgeblieben war, auch das war aller Ehren wert, schoben die Frankfurter nicht auf die Schiedsrichterleistung. „Wir müssen uns an die eigene Nase packen“, sagte Markus Krösche. Die fast schon grotesk anmutende Abschlussschwäche in dieser Partie führte zu dieser Schlappe, lediglich Daichi Kamada (26.) traf zum 1:1, mit seinem ersten und einzigen Schuss. Angreifer Kolo Muani könnte sich mal eine Scheibe abschneiden von der Effizienz des Japaners, mittlerweile bei sieben Toren in der Liga.

Der Franzose muss lernen, kaltschnäuziger, vor allem ruhiger vor dem Tor zu werden, sagte auch Trainer Glasner. Er schieße noch zu häufig überhastet den Torwart an, statt die Kugel gelassen in die Ecke zu schieben. Dies ihm beizubringen, stehe auf der Agenda: „Wenn wir das in einem halben Jahr nicht geschafft haben, hat das Trainerteam etwas falsch gemacht.“. Und Kolo Muani muss lernen, nicht immer mit dem Kopf allein durch die Wand zu wollen. Andererseits ist diese unorthodoxe Spielweise die große Stärke des 23-Jährigen, der erst im Alter von 17 Jahren auf eine Jugendakademie in Nantes kam. Kolo Muani, der in der Champions League, etwa in den Spielen gegen Tottenham, an Grenzen stieß, bleibt unberechenbar, er ist enorm wertvoll für die Mannschaft - vor allem wegen seiner Vorarbeiten: Er steht aktuell in der Liga bei neun Vorlagen und drei Treffern, ist damit bester Vorlagengeber in der Bundesliga.

Sporting unterliegt

Die unglückliche Aufholjagd dürfte Eintracht Frankfurt freilich wieder ein paar Körner gekostet haben. Kürzer konnte angesichts der Intensität keiner treten, dabei steht am Dienstag (21 Uhr/Dazn) das entscheidende letzte Gruppenspiel in der Champions League gegen Sporting Lissabon an. Die Portugiesen unterlagen am Wochenende beim FC Arouca mit 0:1, schonten Kräfte und sind in der heimischen Liga nur noch Vierter, mit zwölf Punkten Rückstand auf den Führenden Benfica.

Dass der Eintracht die Puste ausgehen könnte, glaubt der Coach nicht. Da hat Glasner „überhaupt keine Bedenken“, man habe die ersten vier Englische Wochen „so durchgespielt und wir werden auch die letzten zwei Wochen so durchspielen“.

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