Eintracht Frankfurt: Oliver Glasner bleibt stur und der Viererbande treu

SGE-Trainer Oliver Glasner baut auch gegen den 1. FC Köln weiter auf die Viererkette und lässt bessere Spieler wie Makoto Hasebe auf der Bank.
Frankfurt - Der Frankfurter Trainer Oliver Glasner hatte am Samstag gegen den 1. FC Köln zwei Möglichkeiten, wieder auf die altbewährte Dreierkette „umzuswitchen“, wie er sagt, unglücklicherweise, muss man hinzufügen. Beide Außenverteidiger, Erik Durm rechts, Timothy Chandler links, trugen bei Zusammenstößen Kopfverletzungen davon, für Durm ging es nach elf Minuten nicht weiter, er erlitt eine Gehirnerschütterung und fällt für die Europa League-Partie am Donnerstag in Antwerpen aus.
Chandler erlitt einen stark blutenden Cut, musste in der Halbzeitpause genäht werden und spielte mit „Brummschädel“ durch. Glasner aber verzichtete auf einen möglichen Systemwechsel, er hält an seiner Viererkette, die er nach der bislang einzigen Liga-Niederlage gegen Dortmund (2:5) eingeführt hat, ungerührt fest, er ist sicher, dass sie dieser Mannschaft die erforderliche Stabilität bringt.
Remis von Eintracht Frankfurt gegen 1. FC Köln - Oliver Glasner bleibt bei seinem System
Ist das wirklich so?
Oliver Glasner ist so sehr von dieser Verteidigungslinie überzeugt, dass er sie selbst dann spielen lässt, wenn er nicht die Spieler dazu hat. Der Fußballlehrer nominierte Timothy Chandler zum Beispiel überraschend als linken Verteidiger, Christopher Lenz, eigentlich dafür vorgesehen, aber keiner, der bisher besonders überzeugt hätte, ist noch eine Weile verletzt. Rechtsfuß Chandler spielte also auf der für ihn eher ungewohnten Position, er hat ohnehin in dieser Saison noch keinen Augenblick gespielt, in der letzten Saison kam er auf eine Spielzeit von 450 Minuten. Und der dienstälteste Spieler von Eintracht Frankfurt tat auf dem Flügel alles, um nur ja nicht mit links passen zu müssen, das sah zuweilen einigermaßen abenteuerlich aus. Doch man kann es ihm nicht vorwerfen, sein stärkerer Fuß ist eben der rechte.
Erik Durm fällt wegen einer Gehirnerschütterung für die Europa League aus
Man fragt sich nur: Warum muss ein System gespielt werden, wenn dafür gar nicht die erforderlichen Profis zur Verfügung stehen? Und es ist ja nicht so, dass durch die Viererbande die Frankfurter Abwehr auf einmal besonders undurchlässig wäre, die Gegner kommen in unschöner Regelmäßigkeit leicht zu besten Möglichkeiten, das Gegentor zum 0:1 am Samstag kassierte die Eintracht noch dazu, wie Glasner deckelte, „viel zu billig“. Bislang hat der Schritt zur Viererkette jedenfalls nicht den gewünschten Erfolg gebracht.
Makoto Hasebe darf nur von außen Daumen drücken
Erstaunlich ist auch, dass derzeit Spieler auf der Frankfurter Ersatzbank sitzen, die besser sind als die, die in der Startelf stehen, Daichi Kamada zum Beispiel, oder, krasser noch, Makoto Hasebe. Am Donnerstag hatte Glasner wahre Kaskaden an Lobpreisungen über den Japaner niederprasseln lassen, er sprach von einem „phantastischen Sportler“, von dem er, Glasner, sich einiges abschauen könne. Warum nur spielt Hasebe, der Stratege, der Qualitätsspieler, dann keine Rolle mehr?
Eintracht Frankfurt: Warum verzichtet Trainer Glasner nur auf seinen hochgelobten Strategen?
Hasebe ist der spielintelligenteste Profi bei den Hessen, keiner versteht das Spiel besser, er kann es ordnen, beruhigen, er kann das ungezähmte Team, wild und ziemlich naiv, führen, kann ihm dank seiner Erfahrung Halt geben. Er weiß, wie der Hase läuft.
Dazu müsste Glasner freilich zurück zur Dreierkette finden, mit Hasebe als zentralen, freien Mann sowie den beiden Innenverteidigern Evan Ndicka und Martin Hinteregger, Hasebe wäre derjenige, der den Spielaufbau vorantreibt, sicher im Passspiel, ruhig an der Kugel, auch dies könnte die hohen leichtfertigen Ballverluste minimieren. Jeder kennt die Fähigkeiten des Japaners, deshalb wurde sein Vertrag trotz seiner 37 Jahre erneut um ein Jahr verlängert.
Geradezu absurd war, dass in der hektischen Schlussphase der fußballerisch limitierte Verteidiger Stefan Ilsanker als Sechser in die Partie kam, während Hasebe draußen bleiben musste. Prompt hätte Ilsankers Ballverlust beinahe ein Gegentor verursacht.
Filip Kostic ist auf dem linken Flügel deutlich wertvoller als zentral
Ein Nebeneffekt einer Systemänderung: Filip Kostic hätte auf links wieder Raum, um seine Stärken noch stärker auszuspielen. Die hat er nun mal im Tempo, in der Wucht und wenn er Platz auf dem Flügel hat, und nicht eingerückt im zentralen Mittelfeld. Es ist kaum nachzuvollziehen, sich selbst seiner besten (und im Grunde einzigen) Waffe freiwillig zu berauben. Dass Kostic trotzdem praktisch an allen Toren beteiligt ist, zeigt seine außergewöhnliche Qualität. Nicht auszudenken, wenn er tatsächlich kurz vor Transferschluss gewechselt wäre.
Schließlich könnten im alten Konzept hinter der Spitze Sam Lammers, der sich gewaltig steigern muss, Kamada und Rafael Borré agieren, schnell, wendig, trickreich sind sie dafür allemal.
Evan Ndicka erleidet Bänderdehnung im Knie, sein Einsatz in Antwerpen ist gefährdet
Trainer Oliver Glasner hat andere Pläne. Kann man so machen, sollte aber auch funktionieren. Nun könnte es sein, dass der Fußballlehrer förmlich zu seinem Glück gezwungen wird: Denn der Einsatz von Evan Ndicka am Donnerstag in Antwerpen ist ungewiss, der Franzose hat sich am Samstag unmittelbar vor dem Abpfiff eine Bänderdehnung im Knie zugezogen. Er wird einige Tage pausieren müssen. Der lange verletzte Almamy Touré, Tuta, mit dem Glasner nicht zufrieden ist und der es zuletzt dreimal nicht in den Spieltagskader schaffte, oder Ilsanker könnten einspringen. Oder Glasner springt über seinen Schatten. Und stellt auf Dreierkette um. Mit Hasebe. (Thomas Kilchenstein und Ingo Durstewitz)