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Filip Kostic: Der den Unterschied macht

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Von: Thomas Kilchenstein

Eintracht Frankfurt genießt dank Filip Kostic einen spektakulären Pokalabend und erinnert wieder ein wenig an eine längst begraben geglaubte launische Diva.

Nach den Filip-Kostic-Festspielen am Dienstagabend im Stadtwald hat Trainer Adi Hütter an die ersten Tage des torgefährlichen Linksaußens bei Eintracht Frankfurt erinnert. „Jetzt steigen wir ab“, sei landläufige Meinung gewesen, weil die letzten beiden Klubs des flinken, aber scheinbar wankelmütigen Serben, der VfB Stuttgart und der Hamburger SV, jeweils den Gang in Liga zwei hatten antreten müssen. Filip Kostic war, im August 2018, ganz unten im Regal verortet. Schon damals hatte Hütter nicht verstanden, warum Kostic in dieser Schublade steckte, er habe ihn als intelligenten, bescheidenen, hochveranlagten Spieler kennengelernt – und ihn bald hinten links in eine Dreierabwehrkette versetzt. Es war eine der besten Entscheidungen des Fußballlehrers, in der Folge explodierte der 27-Jährige mit rasanten Soli förmlich auf seiner linken Außenbahn, schaufelte hunderte Flanken in den Strafraum, schoss Tore und bereitete welche vor, gegen Filip Kostic war kein Kraut gewachsen. Der linke Flügel war und ist sein Hoheitsgebiet.

Eintracht Frankfurt besiegt Leipzig - dank Filip Kostic

Und dieses Niveau hält der Mann, der außerhalb des Platzes so schüchtern wirkt, konstant hoch, jetzt hat er RB Leipzig, „eine der besten Mannschaften Deutschlands“, wie er sagte, mit zwei Treffern beim 3:1-Sieg fast im Alleingang aus dem Pokal geworfen. „Leipzig liegt mir“, sagte er am Dienstagabend lächelnd, schon in der Liga hatte er beim 2:0 entscheidend getroffen. „Er spielt Fußball wie kein anderer: mit einer unglaublichen Dynamik, mit einem unglaublichen Durchsetzungsvermögen“, sagte Coach Hütter. Er bringe sich stets mit Herz und Leidenschaft ein. „Ein toller Spieler.“ Torwart Kevin Trapp brachte es plakativ auf den Punkt: „Den kriegst du nicht klein. Er ist ein Mentalitätsmonster.“ Zumal Kostic nicht müde wird, er ist der Dauerspieler der Eintracht, in dieser Runde hat er bereits 32 Pflichtspiele auf dem Buckel, in der Saison davor waren es 46.

Eintracht Frankfurt: Sechs der acht Treffer mit Beteiligung von Kostic

Womöglich hat ihm die Systemumstellung gut getan, die ihm mehr Rückendeckung verschaffte. Evan Ndicka sichert mittlerweile ab, die kräfteraubenden Wege nach hinten sind kürzer geworden, so hat er mehr Körner für offensive Aktionen. Ist es nur ein Zufall, dass er zuletzt zwei Treffer praktisch mit dem Schlusspfiff erzielte? Die veränderte taktische Ausrichtung hat zumindest auf seine Effektivität erstaunliche Auswirkungen: Kostic war in der Rückrunde an sechs der acht Frankfurter Treffer direkt beteiligt, dazu traf er in Hoffenheim zweimal die Latte. Wenn es irgendwie gefährlich wurde im Frankfurter Spiel nach vorne hatte Kostic seine Füße im Spiel - selbst wenn ihm in der neuen Ausrichtung der Anlauf für seine Flügelläufe fehlt. Der geringere Spielplatz ist bisher nicht gravierend ins Gewicht gefallen, weil die Hessen dreimal gegen Teams spielten (Hoffenheim und zweimal Leipzig), die ihrerseits aktiv waren und Räume freigaben. Gegen deutlich tieferstehende Düsseldorfer am vergangenen Samstag etwa gab es für den schnellen Mann weit weniger Entfaltungsmöglichkeiten - und doch war er es wieder, der mit einem Freistoß den glücklichen 1:1-Ausgleich vorbereitete.

Filip Kostic: der Mann für die besonderen Momente

Ohne die Galaauftritte des Raketenmannes, auch das zeigte das Pokalspiel erneut, ist Eintracht Frankfurt bestenfalls die Hälfte wert, wenn überhaupt. Er ist der Mann für die besonderen Momente, er macht den Unterschied aus, er ist die Frankfurter Waffe, die beständig sticht. Filip Kostic ist der einzige „Überlebende“ jenes Qualitätsquartetts, das in der vergangenen Runde so für Furore gesorgt hatte. Ihn am Saisonende trotz Vertrags bis 2023 zu halten, dürfte unmöglich sein, schon jetzt gibt es Begehrlichkeiten, sein Marktwert liegt bei 40, 45 Millionen Euro - nicht auszudenken, wenn er wirklich gehen sollte: Wer soll ihn bloß ersetzen?

Denn Kostic ist es, der auch die schwierigen Spiele regelmäßig prägt, wie jenes am Dienstag. Ohnehin tut sich die Eintracht so viel leichter gegen vermeintliche Favoriten. „In den großen Spielen ist sie da. Das sind die Spiele, die wir lieben. Woche für Woche auf diesem Niveau und vor diesen Fans zu spielen – das ist das, was wir wollen und ist 1000 Mal besser als den Wettbewerb von der Couch zu verfolgen“, sagte Sportvorstand Fredi Bobic. Fast hat es den Anschein, als kehre die längst verschollen geglaubte launische Diva zurück, die im gleißenden Rampenlicht zu außerordentlichen Leistungen fähig ist und auf den Provinzbühnen einknickt. In dieser Saison haben sich die Hessen gegen „die Großen“ deutlich besser aus der Affäre gezogen, ja hatten wahre Spektakel zelebriert, um dann gegen die Underdogs aus Berlin, Mainz, Köln, Paderborn oder zuletzt Düsseldorf zu patzen. Gegen Teams aus der oberen Tabellenhälfte legen sich die Frankfurter offenbar mehr ins Zeug, sie zeigen eine Galligkeit, die auch RB-Trainer Julian Nagelsmann lobte.

Eintracht Frankfurt liebt den DFB-Pokal

Es sei klar, dass das Team „nicht noch einmal so anfangen konnte wie gegen Düsseldorf“, sagte Hütter zu der leidenschaftlichen Reaktion seines Teams. Er hatte in diesem Achtelfinale allerdings, anders als jüngst in der Liga, auch mehr technisch versierte Fußballer aufgestellt, Spieler wie Makoto Hasebe etwa , Mijat Gacinovic, André Silva, Kostic oder auch Almamy Touré, die den Ball zum Freund haben - selbst wenn für Hütters Geschmack noch immer viel zu häufig „retour“ gespielt wurde. Hütter selbst hat auch deutlich mutiger nominiert, hat mit einem 4-3-3-System den Kollegen Nagelsmann überrascht. Die Folge: „Wir haben ein besseres Spiel gemacht als vor zehn Tagen“, fand Hütter, der „stolz“ war auf die Darbietung.

Der Tanz auf drei Hochzeiten geht weiter, das Viertelfinale wird sehr wahrscheinlich am 4. März angepfiffen. Der DFB-Pokal bleibt ein Wettbewerb, der den Frankfurtern liegt. Zwei Siege, dann stünden die Hessen erneut im Finale. Er habe so viele „schöne Geschichten“ darüber gehört, sagte Martin Hinteregger, „ich hoffe, wir können eine neue schreiben.“

Eintracht Frankfurt: Neuzugang Stefan Ilsanker auf Schmusekurs zu den Fans.

Eintracht-Spieler Filip Kostic fühlt sich zwar topfit, weiß aber nicht so recht, wie er mit der aktuellen Corona-Situation umgehen soll.

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