Eintracht Frankfurt: Filip Kostic verweigert Arbeit und will nach Rom

Filip Kostic schwänzt das Training. Mit dem Streik will der Profi von Eintracht Frankfurt seinen Wechsel zu Lazio Rom erzwingen.
Frankfurt – In den vergangenen Tagen hatte es sich angebahnt, da war der lange Zeit so still ruhende See in Wallung geraten, und am Freitag dann rollte eine mächtige Welle los. Denn es scheint so, als ob Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt tatsächlich seinen besten Spieler verlieren könnte: Filip Kostic ist auf dem Absprung, der 28 Jahre alte Linksaußen will sich dem italienischen Europa-League-Teilnehmer Lazio Rom anschließen. Koste es, was es wolle. Ein Donnerschlag.
Da schreckt der serbische Nationalspieler selbst vor unlauteren und unsauberen Methoden nicht zurück. Erst bat Filip Kostic die Verantwortlichen bei der SGE nämlich mit einiger Vehemenz um seine Freigabe, am Freitag griff er dann zur ultimativen Maßnahme und erschien einfach nicht zum Training, schwänzte die abschließende Einheit vor dem Auswärtsspiel am Samstag bei Arminia Bielefeld (15.30 Uhr). Daher steht er auch nicht im Spieltagskader und wird auf der Alm in Ostwestfalen fehlen. Filip Kostic stellt den Dienst ein, er will sich, ganz klar, weg streiken. Starker Tobak. Und ganz schlechter Stil.
Eintracht Frankfurt von Filip Kostic überrollt: „Wir wissen nicht, was ihn dazu bewogen hat“
Die Eintracht ist von der Entwicklung förmlich überrollt worden. „Wir wissen nicht, was ihn dazu bewogen hat. Natürlich sind wir irritiert und von seinem Verhalten auch ein Stück weit enttäuscht“, sagte SGE-Sportvorstand Markus Krösche. „Die Art und Weise überrascht uns sehr.“
Intern ist die Verwunderung auch deshalb so groß, da die Verantwortlichen den pfeilschnellen Flügelmann als verlässlichen und vorbildlichen Menschen charakterisieren. „Wir haben ihn als Musterprofi kennengelernt, Filip ist ein guter Typ“, sagt Manager Krösche. Gleichwohl ist der Sportchef ob der Vorkommnisse entrüstet, und das völlig zu Recht. „Das sind Geschehnisse, die fragwürdig sind. So geht man mit einem Klub nicht um.“
Klar ist, dass die Kostic-Partei auf größtmöglichen Profit aus ist, der sich nur erzielen lässt, wenn die Ablöse vergleichsweise gering ist. Der Profi selbst ist natürlich dennoch keine Marionette, doch bei einem offerierten Salär von vier bis fünf Millionen Euro kann der Kopf schon mal etwas verdreht sein, zumal es sich um den Nettoverdienst handelt. Das ist im Endeffekt weit mehr als das Doppelte, was Kostic zurzeit in Frankfurt einstreicht
Filip Kostic von Eintracht Frankfurt streikt: Fast schon erpresserisch
Das Kuriose an der Situation: Der Eintracht liegt bisher nicht mal ein Angebot vor, nichts Konkretes, nichts Schriftliches. Nur über Mittelsmänner ist Kontakt aufgenommen worden. Auch ob dieses Gebarens und der dort unverbindlich genannten Summe sind die Verantwortlichen fast schon perplex. Lazio sei demnach bereit, eine Ablöse in Höhe von gerade mal zehn Millionen Euro zu bezahlen – das ist lächerlich gering. Der Marktwert des Serben liegt bei 35 Millionen. Das ist keine Basis, auf der die Eintracht in Verhandlungen eintreten würde. Die Schmerzgrenze liegt bei rund 20 Millionen Euro, was selbst in schwierigen Corona-Zeiten für einen Spieler dieser Klasse vertretbar ist.
Lazio ist eigentlich flüssig, da der Klub seinen Stürmer Joaquin Correa für 35 Millionen Euro an Inter Mailand verkauft hat. Der Haken: Der 27-Jährige ist zunächst ausgeliehen, die dicke Kohle fließt in einem Jahr.
Die Eintracht steht nun freilich vor einer vertrackten Situation. Denn die Absicht des Spielers ist klar, er setzt dem Verein die Pistole auf die Brust. Das ist nicht die feine englische Art, man kann solche Angelegenheiten anders lösen. So wie damals etwa Ante Rebic, der in seinem letzten Spiel eine herausragend engagierte Leistung zeigte und das Team mit seinem radikalen Spielstil (samt Roter Karte) zu einem 3:0-Erfolg im Playoff-Spiel gegen Straßburg führte.
Eintracht Frankfurt: Fall Filip Kostic zeigt die Skrupellosigkeit der Branche
Kostics Variante ist die denkbar schlechteste – für ihn selbst, weil sein Ruf erheblich leidet; für den Verein, der in die Ecke getrieben ist, und für den Fußball, der ohnehin in einem schlechten Licht steht, weil zu viele Raffzähne mit utopischen Millionensummen unterwegs sind.
Der Fall Kostic zeigt einmal mehr, wie skrupellos und verdorben die Branche ist, mit welch dubiosen Machenschaften gearbeitet wird und wie wenig ein Vertrag noch zählt – von offenbar längst überholten Werten wie Identifikation oder Loyalität mal ganz zu schweigen. Dazu passt auch die Meldung zu Amin Younes, wonach der Wechsel des Spielmachers nach Saudi-Arabien definitiv geplatzt ist. Ob er bleibt oder woanders hingeht? Ausgang offen.
Eintracht Frankfurt: Einstand von Krösche könnte kaum komplizierter sein
Der neue Sportvorstand Krösche, für den die Situation zum Einstand nicht komplizierter hätte sein können, ist nun gefordert, klare Kante zu zeigen und fast schon erpresserischen Maßnahmen entschieden entgegenzutreten. Unter diesen (monetären) Voraussetzungen sollte der Klub einen Kostic-Wechsel unter gar keinen Umständen durchwinken, was er auch nicht tun wird. „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen“, sagt Markus Krösche, und er sollte seinen Worten Taten folgen lassen.
Entweder Filip Kostic geht für eine angemessene Entschädigungssumme oder er lässt sich reintegrieren. Fehler werden reumütigen und leutseligen Menschen verziehen. Oder: Es gibt auch noch die Tribüne, auf die man einen sich dergestalt verhaltenden Spieler verbannen kann. Damit wäre der Eintracht sportlich natürlich nicht geholfen, sie wäre erheblich geschwächt, doch es wäre ein Zeichen, vielleicht auch an Nachahmer, dass eben nicht alles geht – selbst in diesem Spiel ohne Grenzen nicht. (Ingo Durstewitz)