Eintracht-Trainer Glasner: „Wir verkacken es hinten“

Eintracht-Trainer Glasner beklagt fehlende Qualität seiner Verteidiger - Kritik, die auch an den Sportvorstand Krösche adressiert sein dürfte.
Berlin - Kevin Behrens ist zeit seiner Karriere wahrlich kein Stürmer, der Defensivleuten das Fürchten lehrt. Klar, der 32-Jährige ist ein Mann von Statur, breitschultrig, bullig. Quadratisch, praktisch, mittelgut. Viele Jahre aber dümpelte er dann doch fernab der großen Fußballbühne in zweit- und drittklassigen Gefilden herum. Aachen, Essen, Saarbrücken, Sandhausen. Eher keiner, wie der Frankfurter Fußballlehrer Oliver Glasner mutmaßt, der in Zukunft für die Nationalmannschaft nominiert werde - trotz deutschen Stürmermangels.
Eintracht Frankfurt: Niederlage bei Union Berlin
Behrens aber, dieser auf seine alten Tage bei Union Berlin zum Erstligaprofi gewordene Klotz, zeigte am Sonntag, wie sich aus vergleichsweise wenig ziemlich viel machen lässt. 75 Minuten waren gespielt an der Alten Försterei in Köpenick, als er erst einen Ball im Luftduell gegen den Frankfurter Tuta verteidigte, dann der herunterfallenden Kugel nacheilte, sie vor Hrvoje Smolcic erreichte, vorbeispitzelte am Eintracht-Libero und sie schließlichdurch die Beine von Torwart Kevin Trapp schoss - das 2:0, der Endstand.
Des einen Glanzleistung war der anderen Nichtleistungen. Derart unkompliziert wie sich Tuta und Smolcic abkochen ließen, hatte selbst ihr Trainer nicht für möglich gehalten. Und der ist mit Blick auf seine Hintermannschaft Kummer gewohnt. „Das zweite Gegentor hat nichts mit Fußball zu tun. Unterirdisch. Wenn ein Spieler zwei von uns aushebelt und dann den Torwart tunnelt ...“, ließ Glasner den Satz ins Ungesagte verlaufen, um anzufügen: „Wir verkacken es hinten.“
Dieses Eintracht-Spiel in Berlin war ein Paradebeispiel dafür, wie wacklig die Abwehr schon die ganze Saison über agiert. In 25 Ligaspielen schaffte es die Eintracht nur fünfmal, ohne Gegentreffer den Rasen zu verlassen - ein Wert, der nicht taugt für ein Spitzenteam, was unter anderem erklärt, warum die Eintracht ein eben solches gerade nicht ist. Keiner der ersten Sechs in der Tabelle hat mehr Gegentore kassiert als die Hessen (36).
Eintracht Frankfurt: Rück- statt Fortschritte
Dabei hielt sich die im Vergleich zum Champions-League-Spiel in Neapel umformierte Eintracht-Defensive (Dreier- statt Viererkette) in Berlin lange zumindest ordentlich. Sie ließ wenig zu gegen einfallslose Bemühungen der Gastgeber. Doch: In den entscheidenden Momenten waren die Frankfurter wie so oft nicht präsent, nicht entschlossen genug. Auch vorm 0:1 verlor Smolcic bei einer Ecke am ersten Pfosten das Kopfballduell, ehe sich in der Mitte niemand zuständig fühlte für den Torschützen Rani Khedira - das ewig-alte Thema der laufenden Saison: die mies verteidigten Standards. „Wir werden trainieren, trainieren, trainieren“, sagt Glasner mit Blick auf die anstehende Spielpause. Bloß: „Ich weiß nicht, wie man Qualität trainieren kann.“
Was er damit auch meint: Man muss sie kaufen. Gerade im Winter hatte sich der Coach einen neuen, erprobten Abwehrmann gewünscht, auch waren die Hessen an diversen Kandidaten dran, letztlich kamen jedoch der Außenbahnspieler Philipp Max (für Luca Pellegrini) und das Offensivleichtgewicht Paxten Aaronson (für die Zukunft). Nicht des Trainers Wunsch, weshalb Teile der Kritik auch an den Sportvorstand Markus Krösche adressiert sein dürften. Ohnehin: Das Verhältnis der beiden Führungskräfte ist belastet – allen anders lautenden Beteuerungen zum Trotz.
Eintracht Frankfurt: Schwache Defensive
Ob Vierer- oder Dreierkette. Ob Libero Makoto Hasebe oder Hrvoje Smolcic. Ob Tuta oder – in Ermangelung an Alternativen – Tuta (nur selten wird dieser von Kristijan Jakic ersetzt). Keine Kombination hat es im Laufe der Runde geschafft, Konstanz und Klasse zu vereinen. Glasner ist es zudem nicht gelungen, einem seiner jüngeren Kräfte zum Entwicklungssprung nach vorne zu verhelfen. Eher im Gegenteil. Tuta und Evan Ndicka agieren schwächer als in der vergangenen Europa-League-Titelsaison.
Gerade Tuta war zuletzt an vielen Gegentore beteiligt. Ndicka, im Grunde ein guter Mann, wurschtelt sich ebenfalls in Wellenform durch. Zudem: Es findet sich kein Chef, der die Abwehr zusammenhält. Kein Hasebe, kein Smolcic, kein Jakic. Selbst ein herausragender Rückhalt wie Kevin Trapp bringt den Vorderleuten keine ausreichende Sicherheit.
Der statistische Arbeitsnachweis von Berlin ist bezeichnend:
Evan Ndicka - 57 Prozent gewonnene Zweikämpfe, deren 67 Prozent in der Luft. Ganz gut.
Hrvoje Smolcic - 50 Prozent gewonnene Zweikämpfe, deren 44 in der Luft. Recht dürftig.
Tuta - 33 Prozent gewonnene Zweikämpfe, deren 20 in der Luft. Einfach unterirdisch.