Ernüchterung im Stadtwald

Eintracht Frankfurt wird kalt erwischt, unterliegt überraschend Arminia Bielefeld und muss die Ambitionen fürs Erste zurückschrauben.
Frankfurt – Es waren nur noch ein paar Sekunden zu spielen, als sich Rafael Borré die klarste Möglichkeit des gesamte Spiels geboten hatte: Aus kurzer Distanz vor dem Bielefelder Tor schaffte er das Kunststück, die Kugel freistehend und unbehelligt nicht an Torhüter Stefan Ortega vorbeizubringen. Es hätte auch nicht mehr viel geändert, stand aber symptomatisch für ein komplett verkorkstes Heimspiel von Eintracht Frankfurt. An diesem Abend ging nichts zusammen.
Auch nach drei Spieltagen wartet die Eintracht weiterhin auf den ersten Sieg in 2022: Am Freitagabend gab es eine nicht erwartete 0:2 (0:2)-Niederlage gegen Arminia Bielefeld, eine Niederlage, die gleichermaßen bitter wie verdient war. Die Ostwestfalen waren das bessere Team.
Rückschritt für Eintracht Frankfurt
Dieses 0:2 war ernüchternd aus Frankfurter Sicht, es hat die Ambitionen der Hessen fürs Erste ausgebremst. Ein Punkt aus drei Spielen ist keine gute Ausbeute, eine schlechte sogar, und lässt die Frankfurter auf der Stelle treten. Dieses Spiel war ein Rückschritt. Djibril Sow sagte hinterher: „Wir haben die zweiten Bälle nicht konsequent verteidigt, waren immer einen Schritt zu spät. Das Spielglück war auf Bielefelder Seite.“ Zudem sei die Präsenz vor dem gegnerischen Tor nicht gut gewesen, sagte der Mittelfeldspieler, „da müssen wir viel konsequenter werden.“ In dieses Horn blies auch Sportvorstand Markus Krösche, der einigermaßen ernüchtert wirkte: „Wir hatten nicht die Ruhe, uns fehlte die Entschlossenheit und die Konsequenz. Und dann verlierst du das Spiel zu Recht.“ Ein herber Rückschlag für die Eintracht.
Trainer Oliver Glasner hatte weitgehend die erwartete Mannschaft aufs Feld geschickt, also wieder mit den zuletzt coronabedingt fehlenden Kevin Trapp und Filip Kostic. Ein bisschen überraschend fand sich Altmeister Makoto Hasebe auf der Ersatzbank wider, gerade gegen die eher defensiv ausgerichteten Arminen hätte man sich einen spielstarken Antreiber von hinten vorstellen können. Martin Hinteregger spielte statt des 38-Jährigen im Abwehrzzentrum, dabei hatte der Österreicher zuletzt über Beschwerden im Schambeinbereich geklagt. Diese personelle Entscheidung war keine gute, vielleicht sogar ein gravierender Fehler. Der Innenverteidiger erwischte einen rabenschwarzen Tag, war nie richtig präsent, konnte seiner Hintermannschaft keine Stabilität vermitteln.
Eintracht Frankfurt: Kalte Dusche für die SGE
Die Partie vor 1000 Schauern, 500 davon auf der Gegengerade, 500 im VIP-Bereich, begann für die Frankfurter, die ihre Neuerwerbung Ansgar Knauff noch nicht für den Kader nominiert hatten, mit einer kalten Dusche am eiskalten Freitagabend. Es waren gerade mal fünf Minuten absolviert, als Arminia Bielefeld schon in Führung gehen konnte.
Es war ein blitzsauberer Angriff, den die Hessen - stets einen halben Schritt zu spät gekommen - nicht unterbinden konnte, am Ende bezwang Patrick Wimmer mit einem Linksschuss den Frankfurter Schlussmann. Das war natürlich genau das, was Glasner verhindern wollte: ein frühes Gegentor gegen sehr massiert und zweikampfstarke Gäste. Ohnehin segeln die Ostwestfalen seit einigen Wochen auf einer Art Erfolgswelle, die letzten vier Spiele im Vorfeld der Frankfurt-Partie gingen allesamt nicht verloren, acht Punkte packte Bielefeld dabei aufs Konto, bezwang unter anderem RB Leipzig.
Zunächst schien Eintracht Frankfurt nicht weiter beeindruckt von diesem Treffer. Sie zogen ihr Spiel auf, versuchten hinter die Linie zu kommen. Und dann schickte nach einer guten Viertelstunde der starke Sow mit einem Traumpass in die Spitze Jesper Lindström auf die Reise, doch der Däne traf erneut nicht ins Tor wie schon gegen Dortmund und Augsburg. Es war die ganz große Möglichkeit zum Ausgleich, Lindström drosch den aufspringenden Ball allein vor Ortega über die Latte. Es sollte bis auf weiteres die beste Gelegenheit der Frankfurter bleiben.
Und für die Heimmannschaft kam es noch ärger - und wieder waren die Bielefelder am Drücker. Das 2:0 war in Tor aus der Kategorie Extraklasse: Wimmer versuchte sich rotzfrech mit einem Rabona genannten Trick, dem Überkreuzen der Beine. Und in diese Flanke rauschte Alessandro Schöpf, der den Ball mit der Brust über die Linie drückte. 0:2 nach 27 Minuten - das hatte sich die Frankfurter anders vorgestellt. Und weil Rafael Borré (35.) völlig frei, aber überhastet mal wieder in Ortega seinen Meister fand, ging die Eintracht mit einem gehörigen Ranzen in die Halbzeit.
Tatsächlich lief nicht viel zusammen. Das Bemühen war zwar vorhanden, am Einsatzwillen lag es auch nicht, aber eine Linie war kaum zu erkennen, ein strukturiertes Spiel nur in homöopatischer Dosis. Es fehlte an der Durchschlagskraft, an spielerischem Witz und auch an jenem Flow, der die Hessen zum Ende der Hinrunde durch die Spiele getragen hatte. Nach 45 Minuten korrigierte Trainer Glasner seinen Fehler. Er nahm Hinteregger vom Feld und brachte Hasebe - viel zu spät, die Partie war schon zerfahren.
Im zweiten Abschnitt waren die Frankfurter zwar feldüberlegen, aber so richtig zwingend war es nicht. Klar, es gab die eine oder andere Gelegenheit durch Lindström oder Kostic, aber ein Anschlusstreffer lag nicht direkt in der Luft. Das wirkte alles ziemlich hausbacken. Im Gegenteil: der überragende Wimmer, der schon im Hinspiel auf der Alm getroffen hatte, vergab nach einem Spaziergang durch die Frankfurter Abwehr das leicht mögliche 0;3. Auf der anderen Seite hätte Eintracht Frankfurt wohl noch eine Stunde länger spielen können, ohne einen Treffer zu erzielen. (Daniel Schmitt, Thomas Kilchenstein)