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Nach Karriereende: So lebt der ehemalige SGE-Spieler Hinteregger jetzt

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Von: Thomas Kilchenstein

Das Trikot spannt ein wenig: Martin Hinteregger beim All Stars-Spiel im August in Frankfurt.
Das Trikot spannt ein wenig: Martin Hinteregger beim All Stars-Spiel im August in Frankfurt. © Jan Huebner/Imago

Der Kult-Verteidiger wird bei Eintracht Frankfurt unvergessen bleiben. Doch auch auf seiner neuen Etappe in Kärnten blüht der Kernige förmlich auf.

Frankfurt – Dieser Tage, etwa zum gleichen Zeitpunkt, da Eintracht Frankfurt zur Mannschaft des Jahres gekürt worden war, hat auch Martin Hinteregger einen Preis gewonnen. Ebenfalls hatten Sportjournalisten für den 30-jährigen Ex-Fußballer gestimmt, der Sportpresseklub Kärnten hat ihn mit einer Extra-Trophäe ausgezeichnet, nicht für sein Lebenswerk, aber beinahe. Sie sind ziemlich stolz auf ihren „Hinti“, dort in Kärnten, wo er jetzt wieder seinen Lebensmittelpunkt hat, genauer in St. Veit an der Glan.

Kaum ein Tag vergeht, in dem nichts in der „Kleinen Zeitung“ oder in der „Kronenzeitung“ über den Österreicher steht, unlängst war er wieder im Fernsehen, Servus-TV, ein Sender des kürzlich verstorbenen Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz. Max Eberl, neuer Manager bei RB Leipzig, war dabei und Sebastian Vettel, Hinti hatte ja früher deutlich Stellung bezogen zu dem Marketingkonstrukt in Salzburg und Leipzig. Und weil in Frankfurt kaum eine Ehrung vergehen kann, die ohne den Kernigen auskommt, hat Hinteregger zur Auszeichnung seines alten Klubs via Video ein paar Sätze gesagt, er hatte am Triumph ja einen großen Anteil: „Historisches Jahr, unvergessliche Spiele, einzigartige Saison.

Martin Hinteregger nach seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt – „endlich alles hinter sich lassen“

Ja, der Hinti. Er ist immer noch auf allen Kanälen unterwegs, obwohl er doch, wie er selbst sagt, eine Zeitlang das Leben eines Rentners geführt hat. Er hat das genossen, keine Termine, keine Verpflichtungen, keinen Druck mehr verspürt. Er sei ein neuer Mensch geworden, endlich habe er „alles hinter sich lassen können“. Er ist aufgeblüht, mit sich im Reinen, zufrieden – und zugelegt hat er auch noch. Für die Liga, in der er im Augenblick Fußball spielt, die fünfte in Österreich, müsse man 15 Kilogramm zunehmen, hat er launig gesagt. „Das habe ich locker geschafft.“ Er spielt bei seinem Jugendverein, SGA Sirnitz, 17 Tore in 16 Spielen hat er als Stürmer erzielt, zuletzt hat er bei Alex-Meiers-Abschiedsspiel im Waldstadion gekickt. Aus purem Spaß an der Freud.

Seinen rigorosen Schritt, vor einem halben Jahr im Alter von nur 29 Jahren seine Karriere vorzeitig zu beenden, hat er bislang nie bereut. Der Druck, immer funktionieren, immer den Erwartungen gerecht werden zu müssen, hat auf ihm gelastet. „Wenn ich nach Hause gekommen bin, war ich nicht mehr ganz so glücklich“, sagt der 67-fache Nationalspieler mit dem sensiblen Gemüt. Immer mehr reifte der Entschluss, auszubrechen aus diesem erbarmungslos drehenden Hamsterrad, das ihn geschafft, ja, das ihn gebrochen hat. Zum Schluss hat er sich über Siege kaum noch richtig freuen können. Das Karriereende war eine Erlösung.

Nach dem Karriereende – Fan von Eintracht Frankfurt und Ausbildung zum Hubschrauberpilot

Die Last, stets Leistung zu bringen, selbst wenn es nicht mehr geht, war ein Grund, warum der Mann öfter zum Alkohol gegriffen hatte. Jetzt, sagt er, spüre er, „wie schön das Leben sein kann, wenn du keinen Druck hast.“ Wenn einer nicht mehr kann, dann kann er nicht mehr, und Hinteregger konnte nicht mehr. Da half das viele Geld nicht und selbst die Liebe der Eintracht-Fans zu ihrem „Hinti“ nicht, dem Publikumsliebling, dem sie ein Lied („Hintis Army“) gewidmet hatten.

Natürlich hat Hinteregger, der in drei Jahren bei der Eintracht 138 Pflichtspiele bestritten hat, mehr als nur einen Koffer in Frankfurt. Er ist regelmäßig in der Mainmetropole, er ist ja ohnehin an einem Gasthaus in Kronberg beteiligt, Fan der Mannschaft ist er eh, er reist zuweilen privat zu den Spielen und fiebert mit. Das Champions-League-Spiel bei Sporting Lissabon etwa, als es um den Einzug ins Achtelfinale ging, hat ihm viele Fingernägel gekostet, es sei „fürchterlich“, die Spiele am Fernsehen zu verfolgen.

Zu tun in seinem neuen Leben hat Hinteregger genug. Die Ausbildung zum Hubschrauberpiloten will er beenden, er ist ehrenamtlicher Präsident des SC Wiener Victoria, er kickt in Sirnitz und hat Pläne für allerhand Projekte. Er hat eine Martin-Hinteregger-Stiftung gegründet, er will ein Sport-Kompetenzzentrum entwickeln, eine Fußballschule und eine Indoorhalle mit Kunstrasen bauen „für Kids aus sozial schwachen Familien“, wie er erzählt.

Martin Hinteregger – bei Eintracht Frankfurt Spuren hinterlassen

Und irgendwann soll ein Kärntner Klub mit Spielern aus der Region in der zweiten Liga spielen. Es sei ihm geraten, bei der Auswahl seiner künftigen Geschäftspartner genauer hinzuschauen als bei seinem letzten großen Projekt im Sommer, als er ein Fußballturnier veranstaltete und sich dabei mit Personen aus der rechtsnationalen Szene einließ. Eine Ecke, in die Hinteregger sich nicht stellen lassen will.

Hinteregger, ein Typ mit Ecken und Kanten, aber geradeaus, wird in Frankfurt so schnell nicht vergessen, er hat Spuren hinterlassen, sei es als emotionaler Einpeitscher, als Willensspieler, der gegen Betis Sevilla den späten Ausgleich erzwang, sei es, als er in zwei Jahrhundertspielen gegen Barcelona sensationell verteidigte, oder seien es die Tränen in Chelsea an der Brust eines Fans, nachdem er einen Elfmeter verschossen hatte. Im Finale von Sevilla im Mai, die Krönung all dessen, hat er verletzungshalber gefehlt – mittendrin war er trotzdem. (Thomas Kilchenstein)

Ein anderer Ex-Profi hat indessen eine Tätigkeit bei Eintracht Frankfurt aufgenommen. Ralph Gunesch ist als Übergangstrainer tätig.

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