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Eintracht-Boss Holzer im Interview: „Reibung ist ein Mosaikstein unseres Erfolgs“

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Von: Thomas Kilchenstein, Ingo Durstewitz, Daniel Schmitt, Thomas Kaspar

Philip Holzer, Aufsichtsratschef, ist mehr als zufrieden mit seiner Frankfurter Eintracht.
Philip Holzer, Aufsichtsratschef, ist mehr als zufrieden mit seiner Frankfurter Eintracht. © Jan Hübner

Aufsichtsratschef Philip Holzer über die Eintracht-DNA, mögliche Verkäufe von Starspielern, Chaosklub Juventus Turin und warum die Eintracht nicht so reich ist, wie viele denken.

Herr Holzer, nehmen wir gleich den Stier bei den Hörnern: Wäre es angesichts der Kokain-Affäre um Peter Fischer nicht angebracht, der Vereinspräsident ließe vorerst seine Ämter ruhen? Wie ist die Haltung des Aufsichtsratsvorsitzenden dazu?

Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu laufenden Ermittlungen nicht äußern werde. Da brauchen Sie auch nicht nachzuhaken.

Wir fragen uns, um zu erfreulicheren Themen zu kommen, angesichts der ständigen Erfolge der Eintracht in den vergangenen Tagen, Wochen, Monaten und Jahren: Wo soll das denn bitte schön noch enden mit der ständigen Überperformance?

(denkt lange nach) Ich gebe Ihnen Recht: Wir haben eine unglaubliche Entwicklung hingelegt. Schauen Sie sich einfach mal einige Kennzahlen an: 2016/17 hatten wir einen Gesamtumsatz von 110 Millionen Euro, diese Saison werden wir vielleicht auf einen Umsatz von ungefähr 285 Millionen kommen. Natürlich ist auch die Kostenseite als Folge von großen Investitionen mit der Erlösseite sehr stark gewachsen. Dabei haben wir mutige Entscheidungen getroffen. Trotzdem: Wir liegen mit unserem Sportetat in der Bundesliga nach wie vor zwischen Platz sechs und acht, international stehen wir beim Kaderwert auf Rang 39 in Europa, der SSC Neapel hat einen doppelt so hohen Kaderwert. Das sind Indikationen, die nicht wegdiskutiert werden können, selbst wenn wir bei der Eintracht das Glas immer als halbvoll ansehen – anders als in unserer Gesellschaft.

Trotzdem haben Sie als Klub deutlich bessere Ergebnisse erzielt als es der Etat eigentlich ausweist. Zufall oder Cleverness?

Schauen Sie sich den Sportetat der führenden Bundesliga-Klubs an. Bayern München fünfmal so hoch wie unserer, Borussia Dortmund dreieinhalbmal so hoch, Leipzig dreimal so hoch, Leverkusen fast doppelt so hoch. Wenn ich alle drei Jahre von der Bayer AG 75 Millionen Euro als Zuschuss bekomme, ist meine Planungssicherheit extrem groß. Das ist bei uns aber nicht der Fall. Deshalb muss man anders arbeiten, sich breiter aufstellen. Diesen Kurs haben wir konsequent verfolgt. Dabei ist es der Sportlichen Leitung in den vergangenen Jahren gelungen, sehr gute personelle Entscheidungen zu treffen.

Eintracht-Boss Holzer über mutige Entscheidungen: „Und dann kam noch Corona dazu“

Sagen Sie doch mal konkret: Was waren das für Entscheidungen, Sie sprachen mal von mutigen Entscheidungen.

Mutig war: Filip Kostic seinerzeit nicht zu Lazio Rom gehen zu lassen und auch Daichi Kamada keine Freigabe für einen anderen Verein zu erteilen. Wir hätten Kamada abgeben können für eine gewisse Summe x. Dann muss man aber seinen sportlichen Wert aufrechnen gegen diesen Betrag. Mit ihm sind die Chancen gestiegen, in der Champions League gut abzuschneiden. Bedenken Sie allein: In der Königsklasse gibt es in jedem Spiel der Gruppenphase pro Sieg knapp drei Millionen Euro.

Gab es andere mutige Entscheidungen?

Mutig war es, einst zu sagen, wir bauen ein Proficamp für viele Millionen Euro. Das haben wir ja nicht vorgestern entschieden, sondern als wir einen Umsatz von 110 Millionen Euro hatten. Aber wir hatten diese Vision. Es war eine Investition von 40 Millionen Euro in die Zukunft. Eigenvermarktung zu machen, um nicht mehr abhängig von Sportfive zu bleiben, war eine weitere mutige Entscheidung. Ebenso der von allen Gremien getragene Beschluss, den Stadionbetrieb zu übernehmen. Das war wirklich nicht ohne Risiko. Wegen der hohen Betriebskosten, und dann kam auch noch Corona dazu, als dann vorübergehend keiner wusste, wie es mit dem Fußball weitergehen würde. Man darf bei all den Punkten grundsätzlich nicht übersehen: Mutige Entscheidungen haben nicht immer eine volle Trefferquote. In Relation zu dem, was wir gemacht haben, können wir uns jedoch freuen, beachtlich viel Treffer gelandet zu haben. Und wir hatten in der Auswahl unserer handelnden Personen ein gutes Händchen. Natürlich herrscht bei unserer Eintracht nicht nur eitel Sonnenschein, da wird auch mal kontrovers diskutiert. Das ist mir jedoch wichtig, denn in Deutschland fehlt oft ein bisschen die Diskussionskultur. Reibung ist auch ein Mosaikstein unseres Erfolgs, a little bit of friction creates energy (ein bisschen Reibung erzeugt Energie.) – das sagt man so treffend auf Englisch.

Was ist denn die Basis dafür, in den nächsten Jahren womöglich mehr Risiko gehen zu können?

Wir würden gerne eine höhere Eigenkapitalquote haben, was uns die Chance gibt, Wachstum zu finanzieren. Wir haben wegen des Baus des Proficamps und Verlusten während der Corona-Zeit aktuell 70 Millionen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. Das müssen wir à la longue zurückzahlen. Schließlich müssen wir unser Eigenkapital steigern, da es durch die Pandemie enorm abgeschmolzen ist. 70 Millionen Euro Verluste hatten wir da, und das führt dazu, dass wir das Geschäftsjahr 2022 trotz qualitativ hochwertiger und engagierter Arbeit aller AG-Vorstände mit einem Verlust abschließen.

Eintracht-Boss Holzer über internationale Konkurrenz: „Die Bundesliga steht vor einer Herausforderung“

Komisch, wir lasen unlängst die Schlagzeile: „So reich ist die Eintracht“...

Da wird, so stellt sich das mir dar, Eigenkapital und Liquidität miteinander verwechselt von denen, die diese Rechnung aufgemacht haben.

Das Eigenkapital soll sich jetzt bei 30 Millionen Euro eingependelt haben.

Nein, das stimmt nicht. Es ist weniger. Aber konkrete Zahlen werde ich nicht nennen.

Planen Sie auch in der neuen Saison mit internationalen Einnahmen?

Das wäre nicht seriös. Klubs wie Bayern, Dortmund und Leipzig haben in ihren Planungen eine Champions-League-Teilnahme sicher eingebucht. Das können wir natürlich nicht. Ich habe irgendwo gelesen, dass selbst Bayer Leverkusen Spieler verkaufen muss, wenn sie die Champions League verpassen. Das zeigt, wie abhängig selbst so ein großer und von einem Werk unterstützter Klub von diesen Einnahmen ist.

Wird die Bundesliga international abgehängt?

Das würde ich nicht sagen, aber die Bundesliga steht vor einer Herausforderung. Die Premier League ist meilenweit weg. In der internationalen Vermarktung kommt sie auf 1,4 Milliarden Pfund, die Bundesliga auf 150 Millionen Euro. Es ist auch die Frage, wie attraktiv ist eine Liga für den Rest der Welt? Da geht es außer England allen anderen Top-Ligen nicht anders als der Bundesliga. Auch die spanische, italienische und französische Liga denken darüber nach, Teile ihrer Fernsehrechte zu verkaufen, dafür einen hohen Preis zu erzielen und den Ertrag dann an die Klubs weiterzugeben. Das ist durchaus klug, weil das ein Cashflow ist, der das Eigenkapital der Klubs stärkt. Das wiederum gibt ihnen die Möglichkeit, in Wachstum und somit Attraktivität zu investierten. Da geht es nicht nur um Spieler, sondern zum Beispiel auch um Stadien oder die Digitalisierung.

Eintracht-Boss Holzer über die finanzielle Entwicklung: „Dinge im Kämmerlein neu bewerten“

Auf Digitalisierung hat die Eintracht auch gesetzt.

Wir sind sicher einer der digitalsten Klubs überhaupt. Auch das war eine mutige Entscheidung. Das zahlt nämlich nicht sofort zurück. Alles, was du tust, musst du abwägen: Tätigen wir eine Investition, die uns in fünf Jahren zusätzlichen Cashflow gibt – oder kaufen wir jetzt einen Spieler. Das, gut auszutarieren, ist die Herausforderung und die Kunst. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen in den vergangenen Jahren. Jetzt müssen wir schauen, wie wir es schaffen, unseren Bundesliga-Sportetat weiterhin perspektivisch zu erhöhen, um möglichst oft international spielen zu können.

Wie wäre es denn mit der viel diskutierten Kapitalmaßnahme, die Vorstandssprecher Axel Hellmann bereits im vergangenen Frühjahr anregte und für den Spätsommer/Herbst avisierte. Passiert ist seitdem nichts. Weshalb?

Das ist ein dynamischer Prozess. Aufsichtsrat und Vorstand arbeiten permanent an Konzepten. So eine Kapitalerhöhung in einem Traditionsklub ist nicht einfach durchzuziehen, weil sich ständig vieles verändert und man fortwährend unterschiedliche Interessengruppen miteinbeziehen muss.

Während der letzten Mitgliederversammlung Ende September ging ein Antrag durch, in dem gefordert wurde, dass die Anteile des eingetragenen Vereins nicht unter 60 Prozent fallen dürften und ein Investor nicht mehr als 24,9 Prozent halten dürfe, um eine Sperrminorität zu vermeiden. Hat das Einfluss auf den aktuellen Stillstand?

Es gab dort diesen Wunsch, gewisse Grenzen einzuhalten. Damit kann ich durchaus leben.

Noch mal: Woran hakt es dann?

Man muss immer schauen: Wo stehen wir? Vielleicht auch: Wie ist die Unternehmensbewertung? Das Ganze ist nicht so problemlos. Sehen Sie: Vor dem Barcelona-Spiel, als das angeregt wurde, hat nicht jeder unbedingt damit gerechnet, dass wir Barca schlagen, ins Finale einziehen, die Europa League gewinnen, in die Champions League kommen und uns dort direkt fürs Achtelfinale qualifizieren. Das alles hat ja vieles signifikant verändert, weshalb man ins Kämmerlein gehen und Dinge neu bewerten muss.

Eintracht-Boss Holzer über Juventus: „Zu viel Geld führt nicht immer zu den besten Entscheidungen“

Wie ist Ihre persönliche Meinung?

Ich denke, wenn wir weiter wachsen und unsere Ziele verfolgen wollen, ist die Stärkung des Eigenkapitals enorm wichtig. Es ist immer besser, aus der Position der Stärke zu kommen.

Zur Person

Philip Holzer, 57, steht dem Aufsichtsrat der Frankfurter Eintracht seit zweieinhalb Jahren vor. Langweilig war es in dieser Zeit nie. Der gebürtige Münchner, der 22 Jahre lang in führender Position bei Goldman Sachs arbeitete, erlebte gleich ein ereignisreiches Premierenjahr als Eintracht-Chef: der Abschied von Fredi Bobic, jener von Adi Hütter, die Suche nach einem Sportvorstand, dazu Corona. „Ein Stahlbad“ sei das gewesen, sagt Holzer, der Sohn des früheren FR-Chefredakteurs Werner. Die emotionalen Höhepunkte natürlich: Die Triumphe in Barcelona und Sevilla. Der frühere Bad Homburger Oberligatorwart hat in seiner Amtszeit viele wegweisende Entscheidungen getroffen, die wichtigste war sicherlich, Markus Krösche als Sportvorstand zu nominieren. „Ein Glücksfall“, sagt Holzer. Für die FR nahm sich der „Herr der Zahlen“ in den neuen Redaktionsräumen fast zwei Stunden Zeit. FR

Stark ist die Eintracht doch wie nie zuvor.

Sportlich ja, aber finanziell standen wir schon mal deutlich besser da. Wenn uns Corona vor fünf, sechs Jahren getroffen hätte oder wir inmitten der tiefsten Corona-Tristesse, in der der Fußball vor einer ungewissen Zukunft stand, nicht mit einem guten Konzept 20 Millionen Euro Eigenkapital reingeholt hätten, wäre der Ausverkauf programmiert gewesen. Dann wäre der Wechsel von Filip Kostic für acht Millionen Euro zu Lazio Rom nicht zu vermeiden gewesen. Und dann weiß ich nicht, ob wir die Euro League gewonnen hätten. Das wisst ja eher Ihr, Ihr seid ja die Sportexperten (lacht).

Und vieles hängt ja an Kleinigkeiten. Wenn, als Beispiel, Kevin Trapp den Ball in der 118. Minute im Finale nicht irgendwie gehalten hätte, wäre die Eintracht doch nicht der Verein, der sie heute ist.

Ganz klar. Hätte Kevin sein Bein nicht hochgerissen, wäre heute vieles anders und unsere Mannschaft wäre nicht mit dem Pokal bei dem begeisternden Römer-Empfang bejubelt worden. Die Welt würde heute für uns anders aussehen. So ist der Fußball aber: Für Finanzleute ist die Nicht-Planbarkeit der Alptraum. Aber gerade die Nicht-Planbarkeit des Fußballgeschäfts trägt zu seiner Faszination bei. Davon leben wir. In diesem fast schon bipolaren Verhältnis seriös zu agieren, das ist die große Herausforderung. Ich sage Ihnen, wie man es nicht machen sollte.

Wie denn?

Wie Juventus Turin. Juve hat alles auf eine Karte gesetzt, hat versucht, mit allen Möglichkeiten Erfolg zu kaufen. Das funktioniert nicht im Fußball. Zu viel Geld führt nicht immer zu den besten Entscheidungen, sondern man sollte genau überlegen und jeden Euro dreimal rumdrehen.

Eintracht-Boss Holzer über Philipp Reschke – die „Eintracht-DNA“ tief in sich

Selten hat man Sie so emotional gesehen, wie nach dem Triumph von Sevilla. Auf dem Weg zum Römer hat es sie ja förmlich übermannt.

Zu sehen, wie glücklich wir die Menschen gemacht haben, und zwar alle Menschen in unserer Stadt und Region: Egal ob arm oder reich, jung oder alt, welche Hautfarbe und Religion sie haben. So standen auch einige Bankvorstände mit alten Eintracht-Trikots am Wegrand, die gesagt haben, sie wollten mir nur kurz die Hand schütteln. Sie hatten Tränen in den Augen, haben geweint, gestandene Männer, Vorstände, die ich aus meinem früheren Berufsleben kenne. Ja, das ist der Fußball. Das treibt uns an, das gibt uns Kraft. Wir hatten wahnsinnig schöne Momente. Jetzt wollen wir neue unvergessliche Momente kreieren.

Wie schafft es der Klub, bei einem solch großen Umsatz und solch wirtschaftlicher Kraft, sich nicht von der Basis zu entfremden und trotzdem Klebstoff der Gesellschaft zu sein?

Du musst die richtigen Typen auswählen. Warum haben wir Philipp Reschke in den Eintracht-Vorstand berufen? Weil er die Inkarnation des Fußball-Romantikers ist und die Eintracht-DNA ganz tief in sich trägt. Sehen Sie, wir haben seit 2020 auf der Geschäftsstelle zusätzlich 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So ein Wachstum musst du sowohl finanziell als auch kulturell verkraften. Dazu brauchst du solche Typen. Eins ist klar: Als Aufsichtsratsvorsitzender werde ich immer dafür stehen, dass wir bei der Eintracht nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Dazu trägt die Heterogenität und immense Erfahrung in den Gremien bei. Dies ist Teil unseres Erfolgsrezepts. Viele sagen, wir sind sexy. Ich nenne es spannend. Wir sprechen breite Kreise der Gesellschaft an.

Die richtigen Leute zu holen, gehört zu Ihren Aufgaben. Sie haben Markus Krösche verpflichtet, den Sportvorstand. Und er wiederum den Trainer Oliver Glasner. Nun gibt es zwischen beiden aber immer mal Reibung...

Ich habe es vorhin schon gesagt: A little bit of friction creates energy. Eine Diskussionskultur ist gut, auch Sie bei der FR fetzen sich doch hoffentlich in der Redaktionskonferenz ab und an.

Eintracht-Boss Holzer – früh gelernt, andere Meinungen anzuhören

Wenn Sie schon über Journalismus sprechen: Ihr Vater, Werner Holzer, war ja viele, viele Jahre Chefredakteur der FR. Welche Werte hat er Ihnen mitgegeben?

Ich bin sehr dankbar, dass ich von ihm viele Chancen eröffnet bekommen habe. Damit meine ich nicht unbedingt monetäre, sondern intellektuelle Chancen. Ich hoffe, mein Vater schaut heute von oben zu und ist ein bisschen stolz auf mich. Auch während der Cabrio-Fahrt zum Römer habe ich an ihn gedacht. Da war ich schon emotional und werde es jetzt auch wieder. Aber das ist ja schön und vollkommen in Ordnung. Neben den vielen Finanzzahlen, den Fünf- und Zehn-Jahres-Plänen, gehört immer eine gewisse Emotionalität dazu.

Können Sie ein Beispiel nennen, wo Ihnen intellektuelle Chance eröffnet wurden?

Ich bin zum Beispiel früh dazu gebracht worden, mich mit Politik zu beschäftigen oder auch andere Meinungen genau anzuhören. Und das war enorm wertvoll, denn andere Meinungen sind wichtig, man kommt dadurch in den Austausch, argumentiert und findet meist heraus, dass jeder in ein paar Punkten Recht hat und der Mittelweg meist der beste ist. Wer glaubt, immer Recht zu haben, hat Unrecht.

Noch einmal zurück zu Markus Krösche. Ist der Eindruck richtig, dass auch der Sportchef in seiner Zeit bei der Eintracht eine positive Entwicklung genommen hat?

Ja, natürlich. Die hat er ganz sicher gemacht. Markus war h erst 40, als er zur Eintracht kam. Es wäre traurig, wenn er da schon am Ende seiner Entwicklung gewesen wäre. Eine seiner großen Stärken ist, dass er in Gespräche sehr sachlich und analytisch reingeht. Glauben Sie mir: Er sieht Dinge, die wir alle hier im Raum nicht sehen. Markus hat eine sehr gute Entwicklung gemacht, die aber noch lange nicht am Ende ist.

Eintracht-Boss Holzer über Spielerverkäufe – Preissetzer statt Preisnehmer sein

Sind Glasner und Krösche die Haupttreiber des Erfolgs?

Natürlich sind es die beiden sportlichen Köpfe, die in der Öffentlichkeit stehen, aber wir sind ein Team. Ich will mal einige Beispiele nennen: Wir hatten vergangenen Saison die zweitwenigsten Ausfallzeiten von Spielern nach Union Berlin. Und jetzt haben wir eben den Doc von Union zu uns geholt. Das mögen manche als eine Kleinigkeit empfinden, für uns ist das aber ein wichtiger Punkt. Auch die Reha-Abteilung, die Fitness-Trainer, die Spielanalysten oder Mentalcoach Martin Daxl. Es sind so viele kleine Bestandteile, die Erfolg ausmachen können. Wir gehen da höchst professionell vor, versuchen das Optimum herauszuholen. Alle zusammen.

Ein Geschäftsmodell der Eintracht ist, Transferüberschüsse zu erzielen. Dann könnte man doch sagen: Verkauft einfach Randal Kolo Muani und Jesper Lindström; nehmt, sagen wir, 120 Millionen Euro für sie ein, und investiert Teile des Geldes wieder in neue Profis.

Ja, das könnte man machen (lacht). Aber da erwidere ich, dass wir gerne den Zeitpunkt bestimmen wollen, wann sie gehen. In der Unternehmer-Sprache heißt das: Man möchte der Preissetzer und nicht der Preisnehmer sein. Wir sind sehr spannend geworden für Spieler, wir sind eine super Plattform für sie, um sich zu entwickeln. Wir machen Spieler besser. Und wir haben ja gesehen, dass viele, die uns verlassen haben, keine gute Entwicklung genommen haben.

Warum eigentlich?

Da kommen wir auf das Stichwort Familie. Wir haben ein Umfeld geschaffen, in dem sich die Spieler total wohlfühlen. Sie werden hier geliebt. Das merken sie, das hilft ihnen beim Fußballspielen. Ich habe immer gesagt und dabei bleibe ich: Jeder Spieler hat seinen Zeitpunkt, an dem er geht. Deshalb ist klar, dass Spieler von uns zu Juventus Turin, AC Milan oder Real Madrid gehen, weil diese Vereine ein Vielfaches zahlen können wie wir, so dass wir solche Transfers kaum verhindern können. Punkt. Wir können mit unserem Frankfurter Wohlfühlpaket vielleicht zehn, fünfzehn Prozent Differenz zu anderen Angeboten rausholen, da wir Spieler für unseren Weg begeistern. Irgendwann gibt es jedoch Grenzen.

Eintracht-Boss Holzer: „größtes Vertrauen in unsere handelnden Personen“

Um Ihre Worte frei zu interpretieren: Der Zeitpunkt bei Lindström und Kolo Muani für einen Verkauf ist im Sommer nicht gekommen?

Es gibt immer einen Preis, bei dem wir nicht Nein sagen können. Er wird zum Beispiel im Falle von Kolo Muani aber ganz sicher nicht dort liegen, wie er auf den einschlägigen Portalen benannt ist (Marktwert von 37 Millionen Euro; Anm. d. Red.). Und natürlich wird es auch eine Rolle spielen, in welchen Wettbewerben wir kommende Saison antreten.

Besteht bei Evan Ndicka und Daichi Kamada denn noch Resthoffnung auf Vertragsverlängerungen?

Eine Resthoffnung bleibt immer (schmunzelt). Und wenn sie doch gehen, habe ich größtes Vertrauen in unsere handelnden Personen. Wir sind vorbereitet. Mit Abgängen müssen wir leben, sie akzeptieren. Die Zeiten des treuen Charly Körbel, der als Bundesliga-Rekordspieler immer nur das Eintracht-Trikot trug, sind leider vorbei.

Interview: Ingo Durstewitz, Daniel Schmitt, Thomas Kilchenstein und Thomas Kaspar

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