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Die Transferpolitik der SGE – Wundertüten und Soforthilfen

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Von: Ingo Durstewitz

Ball Kollegen: Jerome Onguene (li.), Filip Kostic. Foto: imago images
Jerome Onguene (l.) gegen Filip Kostic (r.). © Imago Images

Das Prinzip Markus Krösche: Wie Eintracht Frankfurt auf dem Transfermarkt agiert, weshalb junge Spieler geholt und lange gebunden werden.

Frankfurt – Als Glücksgriff, wie Aufsichtsratsboss Philip Holzer es tat, würde Axel Hellmann den Eintracht-Sportchef Markus Krösche nicht bezeichnen. Nicht, weil er es nicht so sieht, doch da beide nun mal Vorstandskollegen sind, „steht mir solch ein Urteil gar nicht zu“. In jedem Fall aber könne und dürfe er anmerken, dass die Zusammenarbeit „hervorragend“ sei, „das passt sehr gut.“

Hellmann, gerade mit einer Vertragsverlängerung bis 2027 ausgezeichnet, schätzt an Manager Krösche, „dass er mehr versteht als nur die sportlichen Themen, er ist nicht nur im Sport-Tunnel“. Um einen großen, schweren Traditionsverein zu führen, durch die Corona-Krise zu manövrieren und ihn zukunftsfit zu machen, sei es wichtig, dass da einer über den Tellerrand blicke und nicht nur das kickende Personal im Kopf habe.

Eintracht Frankfurt – Was bei Krösches Transfers auffällt

Doch natürlich bewegt sich jeder Vorstand im Tagesgeschäft in seinem Fachgebiet, Axel Hellmann zeichnet für die Gesamtstrategie des Klubs zuständig, Oliver Frankenbach für die Finanzen und Markus Krösche für den Bundesligafußball. Und die Philosophie des Sportmanagers gefällt Hellmann ausgesprochen gut. „Die frühzeitigen Transferentscheidungen lassen darauf schließen, dass es eine sehr langfristig angelegte Personalplanung gibt“, sagt der 50-Jährige. Im Vergleich zur Vergangenheit, gerade der turbulenten Zeit vor einem Jahr, „ist das ein Riesenunterschied“, bemerkt er und fügt lachend an: „Vor einem Jahr war das nicht möglich, weil gar keine Entscheidungsträger da waren.“ Oder kurz vorm Absprung standen.

Was bei Markus Krösches Transfers auffällt, sind sich wiederholende Schemen: Zum einen die Idee, möglichst ablösefreie, hungrige, talentierte Spieler zu holen, die nicht fertig, aber entwicklungsfähig sind, in die man eine gewisse Fantasie stecken kann, dass sie eines Tages groß rauskommen. Das muss und das wird nicht immer klappen, denn sonst wäre Markus Krösche ein Wundermann und alle anderen in der Branche ziemliche Dumpfbacken. Das ist natürlich nicht so.

Aber der Ansatz, es so zu versuchen, ist richtig und für die Eintracht auch alternativlos. Es ist ein Geschäftsmodell. Denn sie ist gar nicht in der Lage, viel Geld zu investieren. Einen rechten Verteidiger für fünf Millionen Euro zu holen, wie es jetzt beispielsweise der SC Freiburg im Winter mit Hugo Siquet von Standard Lüttich gemacht hat, ist für Eintracht Frankfurt nicht drin. Siquet übrigens hat noch nicht ein Spiel für die Breisgauer gemacht, kam bisher zweimal für die zweite Mannschaft in der dritten Liga zum Einsatz.

Eintracht Frankfurt: 46.000 Tickets für Heimspiel gegen Fürth verkauft

Die Frankfurter haben sich im Winter lediglich mit einem Leihgeschäft beholfen: Ansgar Knauff kam von Borussia Dortmund. Hat sich gelohnt bis jetzt. „Wir müssen uns davon lösen, hohe Transfersummen zu bezahlen“, sagt Sportvorstand Krösche. „Natürlich müssen wir auch mal etwas investieren, um die Qualität des Kaders weiter zu erhöhen. Aber das muss dann refinanziert werden können.“

Gut ist es für den Klub, dass nun wieder Fans und auch VIP-Gäste ins Stadion kommen dürfen. Sie scheinen Fußball unter Vor-Corona-Bedingungen vermisst zu haben: Für das Heimspiel gegen Schlusslicht Fürth sind 46.000 Tickets verkauft. Beachtlich. Das Jahrhundertspiel gegen Barcelona wollen 250.000 Menschen sehen. Geht aber nicht.

Die Fan-Rückkehr gibt Markus Krösche zumindest ein bisschen Planungssicherheit. Der Manager hat für die neue Saison schon Vorarbeit geleistet, genau nach seiner Philosophie: „Wir müssen die Zielspieler, deren Verträge auslaufen, kennen und ausscouten. Nicht nur jetzt im Sommer, sondern auch schon für die nächsten Jahre. Es geht vor allem um Geschwindigkeit.“ Fest an sich gebunden haben die Hessen bisher Jerome Onguene (FC Salzburg), Faride Alidou (Hamburger SV), Randal Kolo Muani (FC Nantes) und Marcel Wenig (Bayern-Jugend). Alle sind mit langfristigen Verträgen ausgestattet worden. Auch das ist ein Teil des Masterplans: Junge Spieler, die über Jahre gebunden sind, haben zum einen die Möglichkeit, sich in Ruhe zu entwickeln, bieten dem Verein aber vor allen Dingen auch die Chance, sie entsprechend teuer weiterzuverkaufen – wenn sie denn einschlagen. Zwar sagt Krösche: „Wir verpflichten keine Spieler, um sie für andere Klubs auszubilden, sondern um unsere Ziele zu erreichen.“ Er wirft aber auch ein, dass es immer mal sein könne, dass sich die Profis schneller entwickeln als der Verein. Dann komme es eben zu einem Transfer, was aber eigentlich nicht schlimm ist, weil in einem solchen Fall die Kasse klingelt – und die Einnahmen, zumindest zu einem Gutteil, reinvestiert werden können, um den beschrieben Kreislauf in Gang zu halten. Große Fehler darf man sich da jedoch nicht erlauben.

Gerade die bisher verpflichteten Fußballer sind Investitionen in die Zukunft. Das gilt vor allem für Randal Kolo Muani, der ablösefrei aus Nantes kommt, aber mit einer dicken Antrittsgage geködert wurde und als Soforthilfe gedacht ist. Der Stürmer, 23, muss funktionieren, am besten auf Anhieb. Eher Spekulationsobjekte sind die anderen, Mittelfeldspieler Marcel Wenig ist erst 17 und wird noch eine Weile brauchen, ehe er eine Alternative sein wird.

Faride Alidou, 20, ist ein schneller Flügelspieler, der schon genau deshalb ins Profil passt. Die Formkurve des HSV-Senkrechtstarters zeigte in der Rückrunde aber klar nach unten, zudem ist die erste Liga noch mal eine ganz andere Nummer. Er ist so eine Art Wundertüte, kann funktionieren, muss aber nicht. Krösche indes sieht etwas in ihm, glaubt ihn formen und in die richtigen Bahnen lenken zu können.

Das gilt auch für Jerome Onguene, der zwar schon 24 ist und in Salzburg nicht immer Stammspieler war. Doch auch den Verteidiger wollen die Verantwortlichen aufs nächste Level heben. Sie haben ihn eingehend beobachtet und für gut befunden.

Genauso wie Hrvoje Smolcic von HNK Rijeka. Der kroatische Verteidiger, mit 21 schon Kapitän des Teams, wird dieser Tage fest verpflichtet, ist aber – na so was – nicht mal ablösefrei. Kostenpunkt: 2,5 Millionen Euro. Die sind noch drin im Budget. (Ingo Durstewitz)

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