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Fußball und Ramadan - Eine Willenssache

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Von: Steffen Kollmann

Während und nach dem Fußballspielen ein Schluck aus der Pulle – eigentlich ganz normal. Während des Ramadan müssen viele Muslime darauf aber verzichten.
Während und nach dem Fußballspielen ein Schluck aus der Pulle – eigentlich ganz normal. Während des Ramadan müssen viele Muslime darauf aber verzichten. © Charlie Rolff

Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang weder essen noch trinken. Für die meisten Menschen unvorstellbar, für viele Muslime im abgelaufenen Fastenmonat Ramadan aber ganz normal. Auch für einige Fußballer der Region.

Fulda - Die meisten Muslime in seiner Mannschaft hat vermutlich der Türkische SV Fulda. Zwar fasten vom 1. April bis 1. Mai nicht alle Spieler – für diejenigen, die es strikt durchziehen, tauchen beim Fußballspielen aber Schwierigkeiten auf: „Nichts trinken zu können ist das größte Problem“, weiß der Sportliche Leiter und Spieler Ibrahim Kücükler. Beim Training, das um 18.30 Uhr beginnt, durften die Fastenden in den vergangenen Wochen daher frühzeitig duschen gehen, um pünktlich zum Sonnenuntergang wieder trinken und essen zu können.

Einen sportlichen Nachteil für sein Team sieht Kücükler im Ramadan nicht – wenngleich die Bilanz im April mit drei Punkten aus drei Spielen und nur einem erzielten Tor ausbaufähig ist. Der 37-Jährige hat generell festgestellt, dass weniger Muslime fasten als früher, und schließt sich selbst darin ein. Doch die Erfahrung möchte er nicht missen: „Wir leben hier in Deutschland in einem Wohlstand. Es ist nicht verkehrt zu erfahren, was passiert, wenn man auf etwas verzichtet.“

Fulda: Fußball und Ramadan - „Es ist eine Willenssache“

Ein Hessenliga-Spieler, der sich strikt an den Ramadan hält, ist Barockstadts Jemal Kassa. Der 24-Jährige fastet, seitdem er ein kleiner Junge ist, und hat für sich einen eigenen Rhythmus entwickelt. „In der Fastenzeit versuche ich, früh ins Bett zu gehen. Ich stehe dann nachts nochmal auf, esse und trinke etwas und gehe danach wieder zurück in mein Bett. Mit dieser Routine komme ich gut durch den Tag“, erklärt der Eritreer.

Einen Unterschied in seiner sportlichen Leistungsfähigkeit hat der Offensivspieler in den vergangenen Wochen nicht festgestellt. Dass viele Nachfragen bei ihm auftauchen, wie er Arbeit, Fasten und Fußballspielen unter einen Hut bekommt, überrascht Kassa nicht mehr. Seine Antwort ist dann immer die gleiche: „Es ist eine Willenssache. Dadurch, dass das Fasten Teil meines Glaubens ist, schafft man es immer.“

Unterstützung erhalten Spieler wie Kassa auch von den Schiedsrichtern. Bei Abendspielen können Spielunterbrechungen für Nahrungsaufnahmen genutzt werden. So zum Beispiel beim Hessenliga-Spiel zwischen Alzenau und Ginsheim. „Regeltechnisch ist es nicht möglich, das laufende Spiel für eine Nahrungsaufnahme zu unterbrechen. Aber so ein Spiel wird ja zig mal unterbrochen, und in diesen Pausen können wir dem Ansinnen der Vereine dann gerecht werden“, erklärt Verbandsschiedsrichterchef Gerd Schugard. (Lesen Sie hier: Hessen investiert mehr als 5 Millionen Euro in den Sport - Diese Vereine profitieren in Fulda)

Schiedsrichter machen flexible Regelungen möglich

Genau so und deshalb richtig habe auch Schiedsrichter Thorsten Eick (TSV Eifa) bei der Partie zwischen Steinbach und Griesheim gehandelt. Eick hatte vor Anpfiff einen Wunsch der Trainer abgelehnt, eine geplante Pause herbeizuführen – dann aber regelkonform eine Spielunterbrechung entsprechend genutzt.

Dass die Unparteiischen darüber hinaus in Sachen Anstoßzeit flexibel reagieren können, wurde im Duell zwischen Hünfeld und Türk Gücü Friedberg deutlich. Los gehen sollte es um 20.15 Uhr – Christian Stübing (SV Breitenborn) pfiff wenige Minuten später an, um einigen Gäste-Spielern die Nahrungsaufnahme noch rechtzeitig zu gewähren. „Eine vernünftige Geschichte. Solch einen Weitblick erwarten wir von unseren Schiedsrichtern“, unterstreicht Schugard.

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