Zunächst zieht sich die heute 55-Jährige zurück, schont sich und ihren Körper. Doch wie sich zeigt, ist das der falsche Weg: „Mit meinem Organismus ging es bergab.“ Bei einer Bekannten in Dresden probiert sie Smoovey-Ringe aus – Sport mit einem Schwing- und Ringsystem. „Ich habe schon nach zehn Minuten Übung gemerkt, wie gut mir das tut.“
Seit ihrer Diagnose ist Kind im Online-Selbsthilfe-Forum PARKINSonLINE e. V. aktiv. „Die Ratschläge und Erfahrungen anderer, die schon länger erkrankt sind, sind Gold wert“, sagt Silke Kind. In diesem Forum lernte sie unter anderem Jens Greve kennen, der ebenfalls an Parkinson erkrankt ist. Er hat mit seiner Firma Yuvedo eine App konzipiert, die helfen soll, die Symptome der Krankheit zu mildern – unter anderem durch Sport. Diese App lädt sich Silke Kind auf ihr Smartphone. (Lesen Sie hier: Überraschender als Gold: Schützin Natascha Hiltrop aus Osthessen trug deutsche Fahne)
Mit Jens Greve, der selbst begeisterter Tischtennisspieler ist, kommt sie sogar auf den Sport ihrer Jugend zu sprechen – und er animiert sie dazu, das Spiel wieder aufzunehmen. Kind tut das, und sie stellt fest: Es hilft ihr. „Durch Tischtennis werden alle Körperregionen aktiviert“, berichtet sie.
In dem Forum für Betroffene lernt sie außerdem Thorsten Boomhuis kennen. Boomhuis gewann eine Goldmedaille bei den ersten Parkinson-Weltmeisterschaften in Pleasantville in der Nähe von New York. Das veranlasste ihn dazu, PingPongParkinson in Deutschland zu gründen – ein nach eigenen Angaben bundesweiter Zusammenschluss von Einzelpersonen und Selbsthilfegruppen, die sich in ehrenamtlicher Arbeit mit dem Mittel Tischtennis um Personen mit Parkinson und deren Angehörige kümmern.
Boomhuis wiederum regte an, dass Kind ihre eigene PingPongParkinson-Gruppe in Fulda ins Leben rufen möge, was sie im vergangenen Jahr getan hat. Die Gruppe gehört zum KSV Niesig. „Für deren Unterstützung und Wiederaufnahme in den Verein bin ich wirklich dankbar“, sagt sie.
Der Leistungsaspekt ist dabei nebensächlich: „Uns ist es wichtig, Aufmerksamkeit für die Krankheit zu erregen und sie in der Öffentlichkeit bekannter zu machen“, sagt die 55-Jährige. „Wir möchten die Menschen aus der häuslichen Isolation in die Gemeinschaft bringen und mit ihnen Sport machen. Denn ohne Sport schreitet die Krankheit schneller voran“, glaubt Kind.
Das gelingt auch durch Turniere – zum Beispiel die German Open in Nordhorn in Niedersachsen und die Weltmeisterschaft in Berlin: der ITTF Parkinson’s World Table Tennis Championship, die Jens Greve mit seiner Yuvedo Foundation ausgerichtet hat. „Die beiden Turniere waren ein schweres Stück Arbeit – und zwischen beiden war nur knapp eine halbe Woche Pause. Bei der WM hatte ich Bedenken, ob meine Kraft reicht, doch das Training im Verein und die alte Tischtennisroutine halfen dabei, durchzuhalten“, berichtet Silke Kind. „Teilweise waren es zwölf-Stunden-Tage“, erinnert sie sich – denn die WM wurde an einem Wochenende mit Qualifikation und Vorrunde gespielt.
Begleitet wurde sie in Berlin von einer Bekannten, die gleichzeitig ihr Ernährungscoach ist. Ebenfalls immer dabei war ein Bild ihres im vergangenen Jahr verstorbenen Vaters, der ihr einst das Tischtennisspiel beigebracht hat – eine Kraftquelle der besonderen Art.
Inzwischen ist Silke Kind wieder zu Hause – und voll drin im Ligabetrieb. Denn sie steht für die Niesiger Damen in dieser Saison in der Kreisliga am Tisch. Doch die nächsten Turniere hat Silke Kind fest im Blick: die German Open 2022 und ebenso die Weltmeisterschaft, die im nächsten Jahr dann in Kroatien stattfinden wird.