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Zwei Wege, eine Leidenschaft: Joshua Filler wird Poolbillard-Profi, Raphael Wahl Bankkaufmann

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Billard 2022/European Open 2022/Hotel Esperanto in Fulda/Hessen/Germany
Joshua Filler (links) und Raphael Wahl kennen sich seit vielen Jahren. Ihr beruflicher Weg führte sie in unterschiedliche Richtungen. © Rolf Herchen/Charlie Rolff

Die Situation kennt jeder: Das Leben erwartet eine Entscheidung und präsentiert zwei Optionen. Entweder man geht nach links oder nach rechts. In beiden Fällen ist offen, was der andere Weg bereitgehalten hätte und wie das Leben dann verlaufen wäre.

Fulda - Für Raphael Wahl aus Fulda und Joshua Filler aus Bad Honnef stand diese Entscheidung vor einigen Jahren an. Die beiden heute 24-Jährigen waren in der Jugend die dominierenden Poolbillard-Spieler in Deutschland, spielten auf dem gleichen hohen Niveau, sammelten zahlreiche nationale und internationale Titel und wurden beide mit 18 Jahren bereits deutscher Meister bei den Herren. Raphael Wahl entschied sich dann für eine Lehre als Bankkaufmann, Joshua Filler wurde Poolbillard-Profi.

Während Wahl mit der SG Johannesberg auf nationaler Ebene Erfolge feiert und gerade mit seinem Team in die Poolbillard-Bundesliga aufgestiegen ist, ist Filler der Shootingstar und junge Wilde der weltweiten Poolbillardszene. Vor wenigen Wochen gewann er die Goldmedaille bei den World Games („Olympische Spiele“ der nichtolympischen Sportarten) in Birmingham (USA).

Der Banker und der Billard-Profi: Raphael Wahl und Joshua Filler über ihre Karrierewege

Im Jahr 2018 wurde er Weltmeister im 9-Ball, gewann danach zahlreiche große und prestigeträchtige Turniere und reist mit seiner Frau Pia – Europameisterin 2022 im 8-Ball und ebenfalls Starterin bei den World-Games – von Turnier zu Turnier. Wir haben Wahl und Filler zum gemeinsamen Interview gebeten. (Lesen Sie hier: Fuldaer konkurrieren mit der Weltelite: Spieler der SG Johannesberg starten bei den European Open)

Was war der Grund für Ihre Entscheidung Bankkaufmann respektive Poolbillard-Profi zu werden?

Raphael Wahl: Die berufliche Sicherheit stand bei mir im Vordergrund. Ich wollte eine Ausbildung machen und habe mich für die Bank entschieden. Das Thema Finanzen interessiert mich, und die Arbeit gefällt mir. Deshalb bin ich immer noch bei der Sparkasse Fulda.

Joshua Filler: Billard war schon immer meine größte Passion. Ich wurde schnell immer besser und hatte durch meine Erfolge ein Riesenselbstbewusstsein. Etwas Besseres als Billard habe ich nie gekonnt. Finanziell war es am Anfang sehr schwierig, nach meinem Erfolg bei den China Open im Jahr 2017 wurde es dann aber besser. Das war das erste Weltturnier, das ich gewonnen habe.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer beruflichen Entscheidung?

Raphael Wahl: Ich bin sehr zufrieden mit der Entscheidung und würde es wieder so machen. Trotzdem stelle ich mir manchmal die Frage, was gewesen wäre, wenn ich doch Profi geworden wäre. Aber ich bin dem Billard weiterhin treu und trainiere regelmäßig. In den vergangenen drei Wochen vor dem Turnier habe ich sehr oft um 5.30 Uhr morgens am Billardtisch gestanden und zwei bis drei Stunden trainiert. Die European Open haben mich angestachelt, in Zukunft das ein oder andere große Turnier zu spielen.

Joshua Filler: Es gab für mich nie eine andere Entscheidung. Meine Eltern hätten es gerne anders gehabt, aber für mich ist es immer noch ein Traum und ich hoffe, dass er nie zu Ende geht. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.

Joshua Filler und die European Open: Wenn es gut läuft, kann ich das Turnier gewinnen

Welche Vorteile bietet Ihr Berufsweg im Vergleich zu dem Ihres Gegenübers?

Raphael Wahl: Mein Beruf bietet mir ein festes und sicheres Einkommen. Der Alltag mit den Wochenenden ist geregelt, die Altersvorsorge und die allgemeine Absicherung sind einfacher. Außerdem steht bei mir immer der Spaß am Billard im Vordergrund. Als Profi dagegen ist das Spielen und das Trainieren ein Muss.

Joshua Filler: Damit habe ich mich noch nie auseinandergesetzt, deshalb kann ich eine Antwort schwer in Worte fassen. Wichtig ist mir, dass ich zufrieden und glücklich bin und Spaß am Billardspielen habe.

Was erwarten Sie sich von den European Open?

Raphael Wahl: Gute Frage. Das Gefühl zu haben, bei einem so großen Event dabei zu sein und viele Eindrücke zu sammeln, ist toll. Ich möchte Spaß haben und mein bestmögliches Billard spielen. Wenn ich das schaffe, kann ich weit kommen.

Joshua Filler: Ich bin sehr froh, dass es nach langer Zeit so ein großes Turnier in Deutschland gibt. Persönliche Ziele habe ich mir nicht gesetzt. Wenn es gut läuft, weiß ich, dass ich das Turnier gewinnen kann. Ich möchte die Zeit hier genießen, denn Fulda ist eine superschöne Stadt. (Joachim Herbert)

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