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Unterwegs am Äquator: Ultraläufer Sascha Gramm läuft durch den Dschungel von São Tomé

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Von: Sabine Kohl

Im Ziel: Sascha Gramm wechselt am Äquator von der Nord- auf die Südhalbkugel.
Im Ziel: Sascha Gramm wechselt am Äquator von der Nord- auf die Südhalbkugel. © Sascha Gramm

Sascha Gramm war mal wieder unterwegs. Diesmal hat der Extremläufer aus Hainzell sich einer ganz neuen Klimazone gestellt. Er hat im Inselstaat São Tomé den Äquator überquert. Neben extrem feuchter Hitze bekam er es unter anderem mit Kobras aus nächster Nähe und vom Baum purzelnden Kokosnüssen zu tun.

Hainzell/São Tomé - Das Abenteuer Tropen war für Ultraläufer Sascha Gramm aus Hainzell im Kreis Fulda sogar noch etwas abenteuerlicher als üblich. Der Ausflug in den Dschungel des Inselstaats, der im Golf von Guinea vor der Küste Gabuns im Südwesten Afrikas liegt, war nämlich eigentlich gar nicht eingeplant.

Ursprünglich wollte Sascha Gramm (42) im Januar in der iranischen Hochlandwüste Dascht-e Lut starten. Kurzfristig wurde dieser Lauf wegen der Corona-Pandemie abgesagt und Gramm schwenkte spontan um. Er meldete sich für „The Hemisphere Crossing“ in São Tomé an. Ein Lauf über insgesamt 200 Kilometer in sechs Etappen.

Ultralauf am Äquator: Sascha Gramm läuft 200 Kilometer durch den Dschungel von São Tomé

„Im Iran hätte mich trockene Hitze erwartet“, berichtet der Hainzeller. „Damit weiß ich umzugehen, habe sie etwa im australischen Outback bereits erlebt.“ Die feuchte Hitze der Äquatorregion mit 90 Prozent Luftfeuchtigkeit war für den Extremläufer dagegen eine völlig neue Erfahrung. Eine, auf die er sich kaum vorbereiten konnte. Denn zwischen seiner Entscheidung, nach Afrika zu fliegen, und dem Start des Laufs lagen keine sechs Wochen. „Als ich in São Tomé aus dem Flugzeug stieg, war das wie eine Wand, in die ich lief“, erinnert sich Gramm.

Der Etappenläufer, der erst im Oktober beim Ultra Bolivia Race, das auf bis zu 4000 Meter Höhe unter anderem durch die größte Salzwüste der Welt führte, Zweiter geworden war, ist drei Tage vor Start des Rennens in São Tomé angekommen. Mit kürzeren Läufen hat er versucht, sich an das tropische Klima zu gewöhnen. Auf Bolivien dagegen hatte er sich noch mit monatelangem Höhentraining und Nächten im Sauerstoffzelt vorbereitet.

Zusammenbruch sieben Kilometer vor dem Ziel: Sascha Gramm kämpft gegen Tropen-Hitze

Auf der ersten Etappe über knapp 37 Kilometer musste Gramm den extremen Bedingungen – möglicherweise auch der mangelnden Vorbereitung geschuldet – gleich Tribut zollen. „Bis etwa sieben Kilometer vor dem Zieleinlauf bin ich sehr gut durchgekommen“, berichtet der Hainzeller. Dann sei es allerdings bergauf durch eine Bananenplantage gegangen, ohne Schatten. „Und da hat es mich erwischt. Von jetzt auf gleich ging gar nichts mehr.“

Fast anderthalb Stunden brauchte Gramm, um sich wenigstens so weit zu berappeln, die Plantage zu durchqueren. „Und dann hat mir eine Dose Cola den Lauf gerettet“, erinnert er sich. Am höchsten Punkt habe es nämlich einen kleinen Verkaufsstand gegeben, der exakt diese eine Dose Cola im Angebot hatte. „Die habe ich gekauft und getrunken. Mit der Energie habe ich dann die restlichen Kilometer ins Ziel geschafft“, so Gramm. Im Rückblick, sagt er, hätte er den Lauf noch etwas vorsichtiger angehen sollen. Und weniger Salztabletten nehmen sollen.

Nachtlager unter Palmen: Neben Malaria-Mücken stellten auch herabfallende Kokosnüsse eine Gefahr dar.
Nachtlager unter Palmen: Neben Malaria-Mücken stellten auch herabfallende Kokosnüsse eine Gefahr dar. © Sascha Gramm

Um den Sieg mitzulaufen, war von da an aber kein Thema mehr. Zumal auch die Etappen zwei und drei Hürden aufwiesen. „Am zweiten Tag bin ich schwer gestürzt, habe mir aber glücklicherweise nur Schürfwunden zugezogen, die abends im Camp von einem Arzt gut versorgt wurden“, erzählt der Ultraläufer.

An Tag drei hat er sich verlaufen und ist fünf Kilometer Umweg gelaufen. Erst an Tag vier – der Königsetappe über 58,9 Kilometer – lief es rund für den Hainzeller. Und das, obwohl es mit einer eher unangenehmen Begegnung begann. „Es ging durch den Dschungel und an einem umgestürzten Baum hingen drei Kobras. Und ich musste da drunter durch“, erinnert sich Gramm mit einem leichten Schaudern. (Lesen Sie hier: Extremläufer Sascha Gramm aus Hainzell wird im Schwarzwald von Kühen gejagt)

Zwei einheimische Mitläufer haben ihm dann den Tipp gegeben: Schön langsam und gelassen weitergehen. Das sei gar nicht so einfach gewesen, so Gramm. „Ich wollte lieber rennen.“ Zügig ging es für ihn dann im Anschluss weiter. „Auf der vierten Etappe habe ich ordentlich Zeit gut gemacht, bin als Vierter ins Ziel gekommen.“ Am Ende reichte es für Rang sechs in der Gesamtwertung.

Kobras und Kokosnüsse: Auf Sascha Gramm lauerten im Dschungel Gefahren

Wie immer hat Sascha Gramm aber auch viele Geschichten abseits des Sportlichen zu erzählen. Etwa von der unglaublichen Freundlichkeit und Gastfreundschaft der São Toméer, ihrer Musikalität – einer der Afrikaner hat dem Deutschen „Schascha“ gleich ein Lied gewidmet, das neben vielen anderen jeden Abend im Lager gesungen wurde.

Im Kopf geblieben ist ihm aber auch der Spießrutenlauf am Strand, um den ständig von den Palmen plumpsenden Kokosnüssen zu entgehen. Oder die abenteuerliche Wiederbeschaffung eines Badelatschens aus einem schlammigen Tümpel, bei dem er und seine Mitstreiter einen versteckten Wasserfall entdeckt haben.

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