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Strongman-Athlet Volker Bauer aus Fulda wehrt sich gegen den schlechten Ruf seines Sports

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Von: Sabine Kohl

Beim Vikings-United-Teamwettkampf in Hamburg (Februar 2020) galt es für Volker Bauer, den 90 Kilo schweren Atlasstein innerhalb von 90 Sekunden möglichst oft vom Boden auf die Schulter zu heben.
Beim Vikings-United-Teamwettkampf in Hamburg (Februar 2020) galt es für Volker Bauer, den 90 Kilo schweren Atlasstein innerhalb von 90 Sekunden möglichst oft vom Boden auf die Schulter zu heben. © privat

Volker Bauer aus Fulda ist Strongman-Athlet. Ziel seines Sports ist es, möglichst große Gewichte zu stemmen. Der 23-Jährige weiß, diese Art des Kraftsports hat einen schlechten Ruf. Deshalb setzt der Student der Bewegungswissenschaft sich dafür ein, dieses negative Bild zu verändern. 

Fulda - Die Athleten stemmen riesige Reifen, Baumstämme oder gefüllte Fässer und schleppen zentnerschwere Koffer oder die Karosserien ausgeschlachteter Autos durch die Gegend. Für Zuschauer sind Strongman-Wettkämpfe ob ihrer Vielfalt eine unterhaltsame Show. Mit diesem Schwerpunkt ging es vor mehr als 40 Jahren los, bevor daraus ein organisierter Sport wurde. Einer, der nicht immer gut ankommt.

Strongman-Athlet aus Fulda wehrt sich gegen Vorurteile des Kraftsports

„Einige Menschen sind vom Strongman total begeistert“, erzählt Volker Bauer aus Fulda. „Bei vielen anderen herrscht aber die Meinung vor, dass der Kraftsport primitiv und aggressiv ist, zudem ohne Sinn, weil es doch heute Maschinen gibt, die schwere Gewichte tragen.“

Bauer versucht, diesen Vorwürfen mit Argumenten über die gesundheitlichen Vorteile des (auch moderaten) Kraftsports zu begegnen, mit denen er sich während seines Studiums der Bewegungswissenschaft in Gießen auch in der Theorie auseinandergesetzt hat. So wirke Krafttraining etwa degenerativen Prozessen des Alters entgegen, wie Muskelschwund oder Abbau der Knochenmasse.

Dadurch bleibe die Mobilität erhalten und es sinke beispielsweise die Sturzgefahr. „Auch das Risiko für typische Erkrankungen unserer Gesellschaft wie Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen sinkt“, erläutert Bauer. Strongmen wie er treiben den Kraftsport allerdings in extreme Bereiche.

So absolviert der Fuldaer drei- bis viermal pro Woche mehrstündige Krafttrainingseinheiten mit massiven Gewichten, zusätzlich fünfmal ein 30-minütiges Ausdauertraining. Diese Belastung fordert einen Ausgleich: „Im Vergleich zum Training nimmt die Regeneration den größeren Raum ein“, verdeutlicht der Student.

Für Strongmen-Athlet Volker Bauer steht Gesundheit immer an erster Stelle

„Die Gesundheit sollte immer an erster Stelle stehen, nicht zuletzt, weil nur ein gesunder Körper ein leistungsfähiger ist.“ Zu den regenerativen Maßnahmen gehören zum Beispiel tägliches Dehnen, Wärme- und Kältebehandlungen wie Sauna oder Eisbäder, Massagen, eine gesunde, ausgewogene Ernährung und vor allem viel Schlaf. „Schlaf ist und bleibt die wirkungsvollste Regeneration“, betont Bauer. „Bei hoher Trainingsintensität sollten es mindestens neun Stunden pro Nacht sein.“

Strongman

Die Sportart „Strongman“ gibt es seit 1977. Entwickelt wurde sie für das amerikanische Fernsehen und war damals mehr Show als Sport. Es ging darum, den „stärksten Mann der Welt“ zu ermitteln. Die Teilnehmer kamen aus Disziplinen wie Kraftdreikampf, Bodybuilding und Gewichtheben, aber auch dem American Football.

Mit den Jahren hat sich der Sport verändert und wurde professionalisiert, unter anderem in Form einer Turnierserie. Teilnehmer sind explizit Strongmen-Sportler, die sich gezielt auf die geforderten Disziplinen vorbereiten.

Zu diesen zählen beispielsweise das Überkopfdrücken, dabei wird ein Gegenstand (etwa ein Baumstamm, ein gefülltes Fass oder ein schwerer Stein) über den Kopf gehoben. Alternativ muss mit einem bestimmten Gewicht, beispielsweise einem Koffer, Sandsack oder Joch, eine bestimmte Strecke zurückgelegt werden. Außerdem gibt es Hebe- und Wurfdisziplinen. Die Aufgaben werden vier Wochen vor einem Wettkampf bekanntgegeben und regelmäßig verändert und weiterentwickelt.

Der Sport beansprucht den gesamten Körper. Die Disziplinen sind darauf ausgerichtet, eine maximale Belastungsanforderung der Athleten zu erreichen. Neben konditionellen spielen auch koordinative sowie psychosoziale Faktoren wie Konzentration und emotionale Kontrolle für den Erfolg eine Rolle.

Anfängern rät der Strongmen-Athlet aus Fulda, zunächst eine solide Kraftbasis aufzubauen. Dies gelingt mit Grundübungen wie Kreuzheben, Bankdrücken, Kniebeugen oder Überkopfdrücken. Daneben steht laut Bauer ein athletisches Training mit Sprüngen, Medizinballwerfen oder Schlittenschieben. Und: „Ganz wichtig ist, dass das Ganze Zeit braucht. Wer diesen Sport anfängt, muss sich bewusst sein, dass die Entwicklung Geduld erfordert.“

Seitdem er 15 Jahre alt ist, betreibt Strongmen-Athlet Volker Bauer aus Fulda den Kraftsport

Bauer selbst, der bereits seit seinem 15. Lebensjahr Kraftsport betreibt, ist mehr oder weniger zufällig beim Strongman gelandet. „2017 habe ich an der Uni neben einem Kommilitonen gesessen, der damals bereits Strongman betrieb. Wir kamen ins Gespräch, haben uns zum Training verabredet – und schon begann meine Reise“, erinnert sich der Student.

Diese dauert inzwischen drei Jahre, zwei davon ist Bauer auf Wettkämpfen unterwegs. 2019 ist er bei den Deutschland-Cups der zweiten Liga 24. unter 60 Teilnehmern geworden, 2020 sicherte er sich seine ersten Podiumsplatzierungen in Hamburg und Lünen – bei einigen der wenigen Wettkämpfe, die in der Corona-Saison stattgefunden haben.

„Für das neue Jahr wünsche ich mir, dass wir in Gießen passende neue Trainingsräume finden, die alten müssen wir verlassen. Und dass dieser enorm aufregende Sport mehr Interesse und Anerkennung erfährt.“

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