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Rennfahrer seit drei Generationen: Familie Kircher aus Hünfeld ist mit dem Motorsport-Virus infiziert

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Von: Laurenz Hiob

Klaus Kircher (von links), René Kircher, Alexander Kircher und Bernd Kircher umrahmen Lean Kircher (im Kart).
Fünf Motorsportler aus drei Generationen: Klaus Kircher (von links), René Kircher, Alexander Kircher und Bernd Kircher umrahmen Lean Kircher (im Kart). © Christine Schäfer

Wenn im Gespräch der Begriff „Motorsport-bekloppt“ fällt, gibt es keinen Widerspruch. Motorsport-verrückt wäre sachlicher. Aber bei den drei Generationen der Familie Kircher aus Hünfeld geht es um Tempo, nicht um sprachliche Spitzfindigkeiten.

Hünfeld - Alles fing mit Klaus Kircher an, der in grauer Vorzeit Orientierungsrallyes fuhr. Mit dem privaten B-Kadett LS Rallye. „Der hatte schließlich auch schon über 100 PS“, erinnert sich der heute 84-Jährige aus Hünfeld stolz. Sohn Bernd greift korrigierend ein: „Vatter, der hatte 90 PS.“ Viele Einsätze von Klaus Kircher hinter dem Steuer gab es jedoch nicht. Seine Gattin hatte zu viel Angst: „Sie hätte sich niemals neben mich gesetzt“, wird kurzerhand klargestellt.

Hünfeld: Rennfahrer seit drei Generationen - Familie Kircher hat Tempo im Blut

Deshalb musste der damalige Nachbar als Beifahrer ran. Das klappte gut, trotzdem endete die Karriere von Klaus Kircher früh: Der Opel war teuer, und es fiel dem Postbeamten schwer, das Material so zu fordern, wie es erfolgreiche Einsätze verlangt hätten. So blieb es bei wenigen Veranstaltungen, ohne dass ein Pokal in der Vitrine oder eine Plakette am Kühlergrill gelandet wäre. (Lesen Sie hier: Motorsport: Drei Hosenfelder in Zweibrücken flott unterwegs)

Es waren aber genügend Aktivitäten, um die Söhne mit dem Motorsport-Virus zu infizieren. Bernd, der ältere der beiden, galt viele Jahre sogar als „Schnellster Schornsteinfeger Deutschlands“. Der heute 58-Jährige startete seine Karriere in einem Ford Fiesta, erst beim Autoslalom, dann bei Rallyes. Später wechselte er auf die Rundstrecke, hatte Einsätze mit einem Formel Ford 1600, der läppische 110 PS hatte, aber halt nur 500 Kilo wog. Die Fahrleistungen waren entsprechend.

Mein Bruder war immer ein Vorbild für mich. Als Rennfahrer. Und als Schornsteinfeger.

Alexander Kircher, zehn Jahre jüngerer Bruder von Bernd, der „doppelt“ in die Fußstapfen des Älteren getreten ist.

Ob im Formel-Rennwagen oder später im Tourenwagen – der Schornsteinfeger hat dank seines Hobbys Europa bereist und kennengelernt – und erinnert sich: Im tschechischen Most beispielsweise verhalfen er und seine Mitstreiter einem Pärchen aus der DDR ins Fahrerlager. „Das war für die wie Weihnachten und Neujahr an einem Tag“, erinnert sich Kircher an seine Karriere zu Zeiten des Eisernen Vorhangs. Heute fährt Bernd Kircher keine Rennen mehr. Das Motorsportgen hat er aber an seinen Sohn René vererbt, den professionellsten Kircher im Rennsport, wenngleich er damit (noch) kein Geld verdient.

Deshalb studiert er Maschinenbau in Kassel und ist seinem Vater dankbar, dass der die Einsätze im Hyundai i30 in der TCR-Germany sponsert. Der Rennwagen von Sohn René hat übrigens mehr als dreimal so viel Leistung, wie der Formel Ford von Vater Bernd vor 30 Jahren. Der Koreaner von René hat stolze 350 PS unter der Haube.

Dass der 22 Jahre alte Kircher durchaus Potenzial für den professionellen Motorsport hat, belegen seine diversen Podestplatzierungen und die Vizemeisterschaft in der Juniorenwertung der TCR. Als Ingenieur möchte er perspektivisch sein Geld im Motorsport verdienen, sofern es doch nichts mit dem aktiven Rennsport als Fahrer wird.

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Und dann ist da noch der jüngste Kircher: Lean (10), Sohn von Alexander Kircher (48), der Bruder von Bernd und selbst ehemaliger Rennfahrer im Kart, bei Slaloms, Bergrennen und Rallyes. Bekannt war Alexander für seinen grünen Corsa GSi mit 150 stolzen Pferdchen.

Deutlich weniger sind es in Leans Kart, das aber einen professionellen Eindruck macht. Der Johann-Adam-Förster-Schüler aus Sargenzell begann mit Kartslalom; Onkel Bernd lotste ihn auf die Rundstrecke. Nach Siegen und Podestplätzen in der Westdeutschen Kart-Meisterschaft wird der Viertklässler 2023 in der Deutschen Kartmeisterschaft an den Start gehen.

Ach, und neben den ganzen aktiven und rennsportbekloppten Männern gibt es in der Kircher-Sippe ja noch ein paar Frauen. „Ohne die ginge es nicht“, stellen Bernd und Alexander spontan fest und laden sich ein großes Stück Kuchen auf den Teller. Der Leitspruch der Familie Kircher – „Immer volles Rohr“ – gilt wohl in zweierlei Hinsicht: auf Asphalt und im Backrohr.

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