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Olympia-Skandal um Annika Schleu: Berufsreiter richtet Vorwurf an Trainerin Kim Raisner

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Annika Schleu aus Deutschland nach ihrer Disqualifikation. Ihr Pferd hatte mehrmals den Sprung verweigert.
Annika Schleu aus Deutschland nach ihrer Disqualifikation. Ihr Pferd hatte mehrmals den Sprung verweigert. © Marijan Murat/dpa

Annika Schleu ist eins der Gesichter der Olympischen Spiele in Tokio. Allerdings nicht wie erhofft als Olympiasiegerin im Modernen Fünfkampf, sondern als weinende Reiterin. Ein Berufsreiter aus Osthessen reagiert auf die dramatischen Szenen.

Tokio/Herbstein - Eine überforderte Athletin, eine suspendierte Trainerin, ein panisches Pferd, verstörende TV-Bilder, weltweite Schlagzeilen und Hassbotschaften in den Sozialen Netzwerken: Tokio dürfte für den Modernen Fünfkampf einen gravierenden Wendepunkt markieren.

Annika Schleu tauchte noch mal auf am Ort ihres großen Olympia-Dramas. Am Samstag besuchte sie den Männer-Wettkampf im Modernen Fünfkampf im Tokyo Stadium, die Teamkollegen anfeuern, aber nichts war normal für die Berlinerin am Tag nach der größten Enttäuschung ihrer sportlichen Laufbahn und den Beschimpfungen, die folgten.

Olympia-Drama um Annika Schleu: Berufsreiter richtet Vorwurf an Trainerin

Womöglich war es auch bereits ein Abschiednehmen von ihrem Traum. Es ist fraglich, ob die 31-Jährige, die eine Mehrheit in Deutschland nun als heulende Sportlerin auf einem Pferd statt als Olympiasiegerin kennenlernte, in drei Jahren in Paris wieder antritt. (Lesen Sie auch: Kugelstoßerin Sara Gambetta aus dem Vogelsberg wird bei Olympia Achte)

Heinrich Brähler, Berufsreiter und Pferdewirtschaftsmeister vom RFV Herbstein, spricht im Kurzinterview mit unserer Zeitung über den Vorfall in Tokio und mögliche Konsequenzen:

Was ist in Ihnen vorgegangen, als Sie die Vorstellung von Annika Schleu gesehen haben?

Grundsätzlich war das keine Werbung für den Pferdesport. Die Reiterin war offensichtlich überfordert mit der Situation und sehr enttäuscht, weil sie zuvor auf Goldkurs gelegen hatte. Mit einer fundierten Ausbildung, wie wir sie als Berufsreiter praktizieren und unseren Schützlingen vermitteln, hätte eine solche Situation vermieden werden können. Hier ist auch der Trainerin bei ihrer Ausbildung ein Vorwurf zu machen.

Heinrich Brähler, Berufsreiter und Pferdewirtschaftsmeister, 41 Jahre, RFV Herbstein.
Heinrich Brähler, Berufsreiter und Pferdewirtschaftsmeister, 41 Jahre, RFV Herbstein. © privat

Wie sehen Sie die Problematik des Pferdetausches?

Es gehört sehr viel Routine und Erfahrung dazu, sich mit einem geliehenen Pferd, mit dem man nur kurz gearbeitet hat, eine Einheit zu bilden. Dazu gehört Vertrauen und Ausbildung. Außerdem müssen die Pferde es gewohnt sein, dass sie auch von anderen Reitern geritten werden. Nur wer sich ständig auf andere Pferde einstellen muss, kann etwas unter dem Sattel bewirken. Bei der Auswahl hätte man nur sichere Pferde nehmen dürfen, was hier nicht der Fall war.

Video: Kritik nach Fünfkampf-Drama um Schleu

Was soll verbessert werden beim modernen Fünfkampf?

Der anspruchsvolle Sport des Fünfkampfes mit Laufen, Schwimmen, Fechten und Schießen muss nicht noch durch Springreiten kombiniert werden. Es gibt genügend andere Möglichkeiten. Andererseits fände ich es in Ordnung, wenn im Fünfkampf mit eigenen, gut ausgebildeten Pferden und Reitern der Wettkampf bestritten werden könnte.

Annika Schleu hat derweil wegen wüster Beschimpfungen und Beleidigungen ihren Account auf Instagram gelöscht, wie tz.de* berichtet. Dem Pferd Saint Boy geht es nach Angaben der Besitzer gut. *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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