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Bundestagswahl in Thüringen: Erststimmen-Streit um CDU-Kandidat Maaßen spitzt sich zu

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Bei der Bundestagswahl 2021 in Südthüringen konkurrieren Hans-Georg Maaßen (CDU) und Frank Ullrich (SPD) um die Erststimmen.
Bei der Bundestagswahl 2021 in Südthüringen konkurrieren Hans-Georg Maaßen (CDU) und Frank Ullrich (SPD) um die Erststimmen. © Martin Schutt/dpa

Kurz vor der Bundestagswahl 2021 spitzt sich in Südthüringen die Erststimmen-Kontroverse um Frank Ullrich (SPD) und Hans-Georg Maaßen (CDU) zu. Es geht um die Frage, ob Grüne, Linke und die AfD eine Wahlempfehlung für einen der beiden Kandidaten abgeben sollten.

Meiningen/Schmalkalden - Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner hatte empfohlen, bei der Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis 196 Maaßens Kontrahenten, den Olympiasieger und früheren Biathlon-Bundestrainer Ullrich, mit der Erststimme zu wählen (um Maaßen zu verhindern) und die Zweitstimme den Grünen zu geben.

Ein Votum für Ullrich schütze „die Demokratie und verhindert, dass eine nach rechtsaußen offene Stimme in den Bundestag einzieht“, hatte Kellner den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt. Im Wahlkreis 196 kämpfen auch die frühere Grünen-Chefin Stephanie Erben und der ehemalige Vize des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Sandro Witt (Linke), um ein Direktmandat.

Bundestagswahl in Südthüringen: Streit um Erststimme wegen Maaßen spitzt sich zu

Nach dem Aufruf des Grünen-Politikers, in Südthüringen den SPD-Kandidaten Frank Ullrich zu wählen, sprach CDU-Kandidat Hans-Georg Maaßen von einer Dämonisierung seiner Person. „SPD und Grüne dämonisieren mich als Person und weigern sich, sich mit meinen Positionen inhaltlich auseinanderzusetzen“, sagte der frühere Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz

Die Erststimmen-Kontroverse um Frank Ullrich und Hans-Georg Maaßen spitzte sich dann weiter zu, als bekannt wurde, dass der Verein „Campact“ die Linke aufgefordert hatte, ihre Anhänger in Südthüringen bei der Bundestagswahl ebenfalls zur Stimmabgabe für den SPD-Bundestagskandidaten Frank Ullrich auffordern, um den wegen extremer Positionen in der Migrationspolitik umstrittenen CDU-Kandidaten Maaßen zu verhindern.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wehrte sich: „Campact erwartet von mir als Ministerpräsident, alle Wählerinnen und Wähler - insbesondere die der Linken - aufzufordern, im Wahlkreis 196 ,strategisch‘ den SPD-Direktkandidaten zu wählen.“ Er solle also als Regierungschef direkt Einfluss auf potenzielle Wähler nehmen. Dafür habe der Verein seine Mailadresse in der Staatskanzlei verbreitet - mehrere tausend Mails seien bereits bei ihm angekommen, so Ramelow. „Das widerspricht der Neutralitätspflicht eines Ministerpräsidenten.“

Linke-Direktkandidat Sandro Witt hatte bereits vor Tagen berichtet, dass er immer wieder Mails verschiedener Interessengruppen bekomme, in denen er zur Rücknahme seiner Kandidatur im Interesse des SPD-Kandidaten aufgefordert werde. Ministerpräsident Ramelow erklärte, dass er erwarte, die Grundregeln der Verfassung zu respektieren. „Besonders bizarr wirkt der Vorwurf, ich würde mit meiner Kritik an der Herangehensweise von Campact nicht ausreichend Position gegen Rechts beziehen.“

Der Ministerpräsident betonte: „Einem solchen Vorwurf trete ich entschieden entgegen.“ Ramelow lieferte sich zu dem Thema auch ein Wortgefecht auf Twitter mit dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, der geschrieben hatte, „ich kann nicht glauben, dass @bodoramelow sich hier vor @HGMaassen stellt, der mit den Nazis gemeinsame Sache macht und für mich einer ist.“

Bundestagswahl in Südthüringen 2021: Höcke nennt Maaßen „Stachel im Fleisch der CDU“

Ramelow erwiderte: „Ich stelle mich weder vor den Kandidaten HG Maaßen noch mache ich gemeinsame Sache mit Nazis. Ich stelle mich vor das Amt als Ministerpräsident und achte sehr die Verfassung.“ Die AfD in Thüringen sprach sich in Person von Rechtsaußen Björn Höcke unterdessen zumindest nicht direkt für den CDU-Direktkandidaten Hans-Georg Maaßen aus. (Lesen Sie hier: Bundestagswahl in Thüringen: Alle Infos - wer sind außer Maaßen noch Kandidaten?)

Der Kreisverband der AfD habe entschieden, mit Jürgen Treutler einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Er werde sich da nicht einmischen oder für einen Verzicht von Treutler plädieren, sagte Björn Höcke, der Partei- und Fraktionsvorsitzender der Thüringer AfD ist. Er wollte sich in der Debatte um eine mögliche Wahlempfehlung der AfD für Maaßen nicht festlegen.

AfD-Mann Höcke bescheinigte dem CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen indes eine inhaltliche Nähe zu AfD-Positionen. Der Wahlkampf, den Maaßen als Direktkandidat in Südthüringen führe, habe „nicht mehr viel mit der CDU-Programmatik zu tun“, sagte Höcke. „Es gibt viele Schnittstellen zur AfD.“ Das liege jedoch nicht an der CDU-Programmatik, sondern allein an der Person von Maaßen.

Video: Bundestagswahl 2021: Wissenswertes zum Wahlsystem

Maaßen sei ein „Stachel im Fleisch der CDU“ und wirke in seiner Partei wie ein Fremdkörper, sagte AfD-Politiker Höcke. Der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende Mario Voigt bekräftigte unterdessen die strikte Abgrenzung seiner Partei von der AfD. Er stimme zwar nicht in jeder Position mit Maaßen überein, aber ein breites Spektrum an Persönlichkeiten und Positionen gehöre zu einer Volkspartei wie der CDU, sagte Voigt.

CDU-Kandidat Hans-Georg Maaßen griff SPD-Kandidat Frank Ullrich derweil nochmals hart an: Der SPD-Kandidat stehe für „weitere Massenmigration, Genderpolitik und Staatsbankrott“, sagte Maaßen. Die Kandidatur des früheren Verfassungsschutzchefs ist umstritten - unter anderem wegen seiner Haltung zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. (Lesen Sie hier: Bundestagwahl 2021: Ergebnisse im Wahlkreis 196)

Auch große Teile der Union kritisieren Maaßens Kandidatur. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU), die Mitglied von Unionskanzlerkandidat Armin Laschets Zukunftsteam ist, hatte vor wenigen Tagen bei einem TV-Auftritt indirekt dafür geworben, Maaßen nicht zu wählen. Auf die Frage, ob sie Maaßen wählen würde, wenn sie in dessen Wahlkreis leben würde, sagte Prien: „Ich sag mal so, ich bin von Leistungssportlern immer wieder fasziniert.“ (dpa)

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