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Insolvenz im Seniorenheim „Sinntal“: Familienunternehmen steckt in Schwierigkeiten

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Seniorenheim „Sinntal“ Bad Brückenau
Das Seniorenheim „Sinntal“ Bad Brückenau hat Insolvenz angemeldet. © Steffen Standke

Seit 31 Jahren ist das Seniorenheim „Sinntal“ eine Adresse für Menschen, die in Bad Brückenau ihren Lebensabend verbringen. Derzeit geht es dort hinter den Kulissen turbulent zu. Denn das „Sinntal“ steckt mitten in einem Insolvenzverfahren. Ausgang ungewiss.

Bad Brückenau - Noch vor kurzem hatte David Brückel, Geschäftsführer der Seniorenheim Brückel GmbH & Co. KG, große Hoffnungen gehegt. Über das Jahr 2022 hinweg liefen vielversprechende Verhandlungen mit einer Gesellschaft aus dem Raum Hamburg.

Bad Brückenau: Seniorenheim „Sinntal“ steckt in einem Insolvenzverfahren

Diese betreibt mehrere Seniorenheime in ganz Deutschland und sollte beim „Sinntal“ im in den Betrieb mit einstiegen. Udo Brückel hatte das Seniorenheim zwischen 1990 und 1992 an der Ernst-Putz-Straße etabliert. Sohn David stieg später in die Geschäftsführung mit ein; beide führten es fortan gemeinsam.

Nach Brückel juniors Aussagen stand schon ein Plan für die Übernahme. Doch dann habe der Verhandlungspartner sein Angebot überraschend zurückgezogen. Mit drastischen Folgen für das wirtschaftlich angeschlagene Brückenauer Unternehmen. Der Geschäftsführer nennt für die Insolvenz diverse Gründe, darunter drastisch gestiegene Kosten für Energie und Lebensmittel. Die Corona-Pandemie mit Aufnahmestopps für neue Bewohner habe dem Pflegeheim ebenfalls zugesetzt.

Jüngstes Ärgernis sei das Tariftreu-Gesetz. Demnach müssen Einrichtungen und Träger die Bezahlung ihrer Pflege- und Betreuungskräfte seit 1. September 2022 an den Tarif eines anderen Trägers oder nach gemittelten Tarifen eines Bundeslandes anpassen. „Dadurch sind die Lohnkosten nochmal gestiegen – für bestehende als auch neue Mitarbeiter“, so Brückel.

Ein wirtschaftliches Pflegeheim brauche eine Mindestauslastung von 85 Prozent. Das „Sinntal“ liege im Moment darunter.
Brückel freut sich aber, „dass unsere Mitarbeiter dableiben und uns unterstützen, damit wir weitermachen können“. Ihre Gehälter zahle man im März selber.

Danach werde man sehen, wie es mit Interessenten weitergeht. Zum 7. Februar veranlasste das Registergericht Schweinfurt das „Insolvenzverfahren über das eigene Vermögen“ der Seniorenheim Brückel GmbH & Co. KG, um dessen Vermögenswerte im Sinne der Gläubiger zu sichern. Es bestellte den Würzburger Anwalt Matthias Reinel zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Reinels Aufgabe besteht nun unter anderem darin, Gespräche mit Interessenten zu führen. Das sei auch geschehen. „Es gibt aber keine Ergebnisse; der Ausgang ist völlig offen.“ Er betont, dass der Betrieb im „Sinntal“ weiterläuft: „Die Versorgung der Bewohner bleibt gewährleistet.“

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Claus Fussek, „Pflegepapst der Nation“, kennt das „Sinntal“ selbst nicht. Dass ein familiengeführtes kleines Seniorenheim eher in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, wundert den 70-Jährigen nicht. „Die Pflegebranche ist ein Haifischbecken. Nicht umsonst spricht man von Pflege- oder Gesundheitsmarkt“.

Vielfach stehe für Angehörige nicht die Qualität der Pflege, sondern deren Preis im Vordergrund. Kleine Häuser täten sich ungleich schwerer mit den Marktmechanismen als große Pflegeketten oder Einrichtungen mit kommunalen Trägern, die im Zweifelsfall Defizite ausgleichen. Gestiegene Personal- und Energiekosten, die Corona-Pandemie und Fachkräftemangel würden den Trend verschärfen.

Und noch ein Seniorenheim muss wegen eines Insolvenzverfahrens der Betreiberfirma schließen: Das Seniorenwohnzentrum Am Kurpark in Bad Soden-Salmünster schließt Ende März. (Steffen Standke)

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