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Bürger weigert sich, seine Hecke zu schneiden: Gemeinde will ihn ins Gefängnis bringen

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Von: Andreas Ungermann

Die Gemeinde Antrifftal hat überhängende Äste von Sträuchern beschneiden lassen. Der Grundstückseigentümer, der sich um die Reinigung nicht selbst gekümmert hatte, will für die Kosten nicht aufkommen. (Symbolfoto)
Die Gemeinde Antrifftal hat überhängende Äste von Sträuchern beschneiden lassen. Der Grundstückseigentümer, der sich um die Reinigung nicht selbst gekümmert hatte, will für die Kosten nicht aufkommen. (Symbolfoto) © Marijan Murat/dpa

Kann ein Bürger, der seiner Straßenreinigungspflicht nicht nachkommt, Sträucher nicht zurückschneidet und somit die Verkehrssicherheit gefährdet, inhaftiert werden? Die Gemeinde Antrifttal bei Alsfeld wollte einen Einwohner hinter Gitter bringen.

Antrifttal - Seit Jahren weigert sich ein Bürger in der Gemeinde Antrifttal im Vogelsbergkreis, seiner Verpflichtung zur Straßenreinigung nachzukommen. Laut der Satzung über die Straßenreinigung müsste er überhängende Äste und Zweige von Bäumen und Sträuchern über Gehwegen bis zur Höhe von 2,40 Metern und über der Fahrbahn bis zur Höhe von 4,50 Metern entfernen.

„Der Anwohner gedenkt aber nicht, dies zu tun. Das hat er gegenüber der Gemeinde auch nach mehrfacher Aufforderung ganz offen gesagt“, berichtet Bürgermeister Dietmar Krist (CDU) gegenüber unserer Zeitung.

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In der Folge habe die Kommune „im Rahmen einer Ersatzvornahme“ im Januar 2022 Reinigung und Schnitt selbst ausgeführt – auf Kosten des Anwohners. „Das war auch eine Frage der Haftung, wenn etwas passiert“, sagt Krist. Auf den seit Sommer 2021 verhängten Zwangsgeldern und den Reinigungskosten – insgesamt mehr als 2000 Euro – blieb die Gemeinde jedoch sitzen. „Die Beitreibung blieb auch nach mehreren Versuchen erfolglos, da der betroffene Einwohner vermögenslos war“, berichtet das Landgericht Gießen.

Dort hatte die Gemeinde Antrifttal beantragt, für den Bewohner die Ersatzzwangshaft anzuordnen. Wie Bürgermeister Krist einräumt, hatte sich die Gemeindeverwaltung davon ein Stück weit eine erzieherische Wirkung erhofft, auch um den Antragsgegner zukünftig zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zu bewegen. Krist hatte darauf gehofft, dass die Haft einen Eindruck hinterlasse und zur Läuterung beitrage. Das Landgericht urteilte jedoch anders: „Keine Inhaftierung zur Durchsetzung künftiger Heckenschnitte“, ist die entsprechende Pressemitteilung überschrieben.

Zu der Entscheidung teilt das Landgericht mit: „Nach Einschätzung des Gerichts ist der mit einer Ersatzzwangshaft verbundene Eingriff in die Freiheit der Person zur Durchsetzung einer Verpflichtung, die bereits durch die Gemeinde selbst vorgenommen wurde, nicht verhältnismäßig.“ Auch eine Anordnung von Ersatzzwangshaft „auf Vorrat“, also für die Durchsetzung zukünftiger Verpflichtungen, sei aus Sicht der Kammer rechtlich nicht zulässig.

Die Gemeinde Antrifttal prüfe nun eine Beschwerde gegen die Entscheidung. „Wir können ja nicht einfach zusehen, wie der Bereich verlottert“, betont der Bürgermeister, der von einem „absoluten Einzelfall“ in der Kommune spricht. Die müsse nun sehen, wie sie künftig am betroffenen Grundstück für Ordnung sorgt. Denn die Hoffnung auf Einsicht hegt Krist nicht.

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Beschnittene Äste haben kürzlich auch für Ärger im Kinzigtal gesorgt: Auf einer Streuobstwiese bei Schlüchtern-Elm wurden für den Transport von Windrad-Teilen gleich mehrere Bäume beschnitten - ohne dass der Eigentümer in Kenntnis gesetzt wurde.

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