Außenstelle Wartenberg der Kfz-Zulassungsbehörde steht vor dem Aus

WARTENBERG - Die Außenstelle Wartenberg der Kfz-Zulassungsbehörde des Vogelsbergkreises steht vor dem Aus. Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) der Gemeindevertretung und der Gemeindevorstand haben sich am Dienstag für eine Schließung des Standortes ausgesprochen. Beide Gremien kritisieren zudem den Landkreis, bevor am Donnerstagabend bei der Gemeindevertretersitzung die Aufgabe des Standorts beschlossen wurde.
Von unserem Redaktionsmitglied Norman Zellmer
Wie Bürgermeister Dr. Olaf Dahlmann (SPD) in der HFA-Sitzung sagte, habe der Gemeindevorstand Mitte Januar beschlossen, der Absicht des Landkreises zu entsprechen und die Kfz-Zulassungsstelle im Rathaus „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ zu schließen. Dem schlossen sich die HFA-Mitglieder in ihrer gestrigen Sitzung an. Die FWGW-Fraktion hatte einen entsprechenden Antrag formuliert, dem die Abgeordneten zustimmten.
Scharfe Kritik
Zugleich übten Verwaltung und Kommunalpolitik scharfe Kritik am Landkreis: Wie Dahlmann erläuterte, habe der Vogelsbergkreis zuletzt die aktuellen Öffnungszeiten moniert und deren Ausweitung gefordert. Die Kfz-Zulassungsstelle in Wartenberg ist mittwochs – an jenem Tag ist das Rathaus generell zu – sowie bis März zusätzlich montags – wegen eines Personalengpasses – geschlossen.
Keine festgelegten Öffnungszeiten
Dahlmann merkte an, dass in den 2001 und 2003 getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zwischen Kreis und Gemeinde keine Öffnungszeiten festgelegt worden seien. Zudem habe der Kreis die Öffnungszeiten bislang nicht beanstandet. Die Frage, auf welcher Grundlage der Kreis der Gemeinde Vorgaben mache, sei bislang nicht beantwortet worden.
„Wir haben unseren guten Willen gezeigt“
Zudem kritisierte Dahlmann, dass der Kreis einen Aufhebungsvertrag anstrebe, obwohl die Kommune signalisiert habe, zusätzliches Personal für die Kfz-Zulassungsstelle anzuwerben. Ein entsprechendes Besetzungsverfahren sei eingeleitet worden. „Wir haben unseren guten Willen gezeigt“. Auch lasse der Kreis bei der Gebührenordnung nicht mit sich reden. Der Bereich Kfz-Zulassung sei wegen des Personaleinsatzes insgesamt defizitär; weil jedoch für Pkw-Halter Schilder geprägt werden, habe man in den jüngsten Jahren jeweils einen leichten Überschuss erwirtschaften können.
Müssten wegen des Drucks des Landkreises Öffnungszeiten erweitert und Personal eingestellt werden, würde die Kommune ein Minus erwirtschaften. Insgesamt sei die Außenstelle der Kfz-Zulassungsstelle ein Service für Bürger, der gut angenommen worden sei. Jährlich gebe es mehr als 3600 sogenannte Transaktionen: Neben Zulassungen sind dies unter anderem die Beantragung einer Feinstaubplakette, Umschreibungen oder Außerbetriebsetzungen von Fahrzeugen.
Engpässe und Personalveränderungen
Ähnliche Kritik am Kreis äußerten die drei Wartenberger Fraktionen: FWGW-Sprecher Thomas Dörr betonte, dass mehr als 50 Prozent der eingenommenen Gebühren der Wartenberger Zulassungsstelle an den Kreis abgeführt werden müsste; die Gemeinde erhalte für das bereitgestellte Personal jedoch keine Entschädigung. Die Änderungen der Öffnungszeiten seien wegen Engpässen und Personalveränderungen notwendig gewesen. SPD-Fraktionschef Rainer Gröger sagte, die Gemeinde schieße eigenes Geld zu für fremde Leistungen. Es könne nicht sein, dass die Gemeinde für eine Dienstleistung des Landkreises „drauflege“. Es sei „eine harte Nummer“, dass der Landkreis verlange, Personal vorzuhalten.
Problematik der Öffnungszeiten besteht seit 2018
Auf Nachfrage unserer Zeitung äußerte sich die Pressestelle der Landkreisverwaltung zu der Kritik des HFA und des Gemeindevorstands. „Über alle Jahre“ habe das Nebeneinander der Zulassungsstelle Lauterbach und der Außenstelle Wartenberg gut funktioniert, weil es gleiche Öffnungszeiten gegeben habe, so Sprecherin Sabine Galle-Schäfer. Aufgrund des Einzugsgebiets sei die Kundenzahl für beide Stellen „vorhersehbar, und dementsprechend war der Einsatz des erforderlichen Personals planbar“ gewesen.
Ab Mitte 2018 habe sich dies geändert: Die Gemeinde Wartenberg schloss mittwochs die Außenstelle; zudem blieb diese oftmals zusätzlich geschlossen – weil Mitarbeiter Urlaub hatten, krank waren oder für die Feuerwehr im Einsatz waren; für eine Vertretung sei jedoch nicht gesorgt worden. Dies bestätigte Bürgermeister Olaf Dahlmann (SPD): Die Verwaltung habe nicht für alle Eventualitäten ausreichend Personal aufgebaut – der Ruf der Außenstelle sei jedoch sehr gut in der Region.
Wartezeiten für Kunden nicht zumutbar
Der Engpass hatte laut Galle-Schäfer zur Folge, dass 2019 die Außenstelle Wartenberg an 171,5 Tagen geöffnet gewesen sei, während die Haupt-Zulassungsstelle in Lauterbach an 244 Tagen offen war und mit einem erhöhten Kundenandrang zu kämpfen hatte. Deswegen sei Personal von der Zulassungsbehörde in Alsfeld nach Lauterbach beordert worden. Es sei zudem „zu unzumutbaren Wartezeiten“ für Kunden und „zu Unmutsäußerungen“ gekommen.
Im Oktober habe die Gemeinde Wartenberg zwar mitgeteilt, eine halbe Stelle in ihrer Kfz-Zulassung „nachbesetzen“ zu wollen; die Gemeinde habe aber auch deutlich gemacht, die Außenstelle weiterhin mittwochs, an Brückentagen und rund um Weihnachten zu schließen.
Schließung anderer Außenstellen nicht geplant
Wie Galle-Schäfer betonte, habe der Vogelsbergkreis die Gemeinde wegen der angespannten Situation im Sommer gebeten, wieder ausreichende Öffnungszeiten verlässlich einzuhalten. Da die Gemeinde dies abgelehnt habe, rechnete der Kreis damit, dass sich „die unzumutbaren Verhältnisse des letzten Jahres wiederholen“. Deshalb sei der Kreis gezwungen, zusätzliches Personal in Lauterbach einzustellen. Um dieses optimal auszulasten, werde es zukünftig die Zulassungsaufgaben von Wartenberg erledigen.
Der Vogelsbergkreis habe den Kommunen vor Jahren die Möglichkeit eröffnet, Kfz-Zulassungsaufgaben zu übernehmen, um Bürgern weite Fahrten zu den zentralen Zulassungsstellen Lauterbach und Alsfeld zu ersparen. Wartenberg ist seit 2001 Außenstelle. Nach Auskunft des Vogelsbergkreises ist die Schließung anderer Außenstellen – sie gibt es auch in Freiensteinau, Grebenhain, Homberg, Kirtorf, Mücke, Schlitz und Schotten – nicht geplant.
Entscheidung der Gemeinde
Am Donnerstagabend sollte auf der Wartenberger Gemeindevertretersitzung im Rathaus über den Weiterbetrieb der Außenstelle abgestimmt werden. Dabei sprachen sich die Gemeindevertreter einstimmig für eine Aufgabe des Standortes aus. Damit wird ein Aufhebungsvertrag verhandelt werden.