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„Privatmann“ ist Vergangenheit: Heiko Siemon ein Jahr im Amt des Bürgermeisters

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Von: Walter Kreuzer

Stadtrat Heiko Siemon geht für die Schlitzer CDU ins Rennen.
Bürgermeister Heiko Siemon ist seit einem Jahr im Amt. (Archivbild) © Bernd Götte

„Ich kenne die Polemik und weiß, wann ich auf Durchzug schalten muss.“ Für Heiko Siemon sind die Gepflogenheiten in der Schlitzer Kommunalpolitik lange bekannt. Dennoch: Seit seinem Amtsantritt als Bürgermeister der Burgenstadt vor einem Jahr hat sich für den 46-Jährigen einiges geändert.

Schlitz - „Ich war bei der Sparkasse Fulda in der erweiterten Geschäftsleitung mit sechs Leuten. Da habe ich ebenfalls 60 bis 70 Stunden in der Woche abgerissen. Aber hier in Schlitz (Vogelsberg) war ich Privatmann – das ist eine Umstellung für mich und die Familie“, zieht Siemon einen Vergleich.

Heiko Siemon bilanziert nach einem Jahr als Bürgermeister von Schlitz

„Als Bürgermeister bist du stark in der Öffentlichkeit und alle ziehen an dir“, zumal „wir Themen haben, die eigentlich in einer Stadt unserer Größe selten in der Häufigkeit vorkommen“. Das reiche von den 16 Stadtteilen über die 90 Vereine bis hin zu den Stadtwerken, der Brennerei oder Heimstättenbaugesellschaft. Siemon: „Du musst alle Themen drauf haben – wenn auch nicht im Detail.“

Weshalb wechselt ein Bankmanager in die hauptamtliche Politik, wo er ständig der öffentlichen Kritik ausgesetzt ist? Diese „nimmt man mit nach Hause. Manchmal ist sie berechtigt, teilweise ist sie unqualifiziert“. Siemons Antwort ist zweigeteilt: „Ich habe mich verantwortlich gefühlt für die Heimat und für die Stadt – insbesondere nach dem Schicksalsschlag mit der Erkrankung Alexander Altstadts und die Zeit mit Erstem Stadtrat Willy Kreuzer in der Verantwortung.“

Ein anderer Aspekt waren seine beruflichen Perspektiven als Banker: „Mit meiner Ausbildung wäre ich wohl nicht auf Dauer Verhinderungsvertreter geblieben. Ein Aufstieg in einen Bankvorstand wäre aber wohl mit einem Wohnortwechsel verbunden gewesen. In der Familie haben wir darüber gesprochen und gegen einen Wohnortwechsel gestimmt.“

Lediglich sein 15-jähriger Sohn Basti habe das anders gesehen. „Er dachte weiter und überlegte, was in der Öffentlichkeit geäußert werde. Die Kinder regen sich mal drüber auf, was in der Zeitung oder auf Facebook geäußert wird. Sie sehen aber auch, mit wie viel Herzblut und Leidenschaft ich das mache. Sie reagieren feinfühliger, weil sie wissen, wie ich mich aufreibe.“

Der Job als Chef im Rathaus „an sich ist wie als Führungskraft in der Sparkasse: Dort ging es um die Kunden, hier um die Bürger. Und es geht um Prozesse.“ Als Bürgermeister werde er „für alles verantwortlich gemacht. Es wird schnell nach dem Staat oder der Stadt gerufen. Viele Angelegenheiten könnten die Betroffenen aber selbst regeln. Hier auf dem Land kennt ja jeder jeden.“

Siemon: Job als Rathauschef „ist wie als Führungskraft in der Sparkasse“

In der Verwaltung selbst habe er die internen Abläufe auf sich zugeschnitten. Wöchentlich treffe er sich mit den Fachbereichsleitern „jeweils mit einer festgelegten Tagesordnung. Dadurch bin ich nah am Fachbereich und umgekehrt, wenn es um Entscheidungen geht“. Es sei zudem angefangen worden, das „Rathaus intern zu digitalisieren“, etwa betreffe das alle Eingangsrechnungen.

Der Bürger werde das nach und nach stärker merken, wenn mehr Prozesse nach dem Onlinezugangsgesetz freigeschaltet würden. Siemon: „Als Chef bin ich Vorbild und muss vorne weggehen. Ich fordere selbstständiges Arbeiten. Froh bin ich, wenn sie fragen, aber meine Antwort eigentlich schon wissen“, verrät er mit einem Lächeln und ergänzt: „Ich muss aufpassen, dass ich nicht das Nadelöhr bin – alle Mitarbeiter haben ihre Kompetenz.“

Im politischen Bereich habe er „die Kommunikation mit den Fraktionsvorsitzenden verbessert“ und damit einen Kritikpunkt aus dem Wahlkampf aufgenommen: „Es kann jeder jederzeit zu mir kommen und bekommt eine Antwort. Was ich von mir aus berichte, bekomme ich nicht als Anfrage auf die nächste Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. Ich habe offene Themen angestoßen und abgearbeitet. Manche sind noch offen, aber es wurden Prioritäten gesetzt.“

Ganz abgesehen von externen Herausforderungen wie Ukrainekrieg oder Flüchtlinge, die Siemon zusätzlich forderten, bestimmten sein erstes Jahr im Amt insbesondere teils kontrovers diskutierte Schlitzer Themen wie das Brauereigelände, der Ankauf des ehemaligen IGS-Geländes oder das Freibad – und damit zusammenhängend die Schieflage des städtischen Haushalts. Für diesen ist Siemon „vorsichtig optimistisch, dass er genehmigt wird“.

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