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Ein Jahr nach dem Protest im Dannenröder Forst: Diese Verfahren beschäftigen die Gerichte noch heute

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Polizisten führen eine Aktivistin im Dannenröder Wald ab.
Nach dem Großeinsatz der Polizei im Dannenröder Forst vor einem Jahr hat die Justiz noch mit zahlreichen Verfahren zu tun. Diese richten sich gegen Aktivisten, aber auch gegen Polizisten. © Nadine Weigel/dpa

Vor einem Jahr startete in Hessen ein wochenlanger Großeinsatz der Polizei im Dannenröder Forst und im Herrenwald, weil Aktivisten mit langem Atem gegen die Rodung der A49-Trasse protestierten. Inzwischen beschäftigt das Thema nicht nur Baufirmen, sondern auch Gerichte.

Homberg/Ohm - Neben einer Verkehrsentlastung für die Dörfer der Region erhoffen sich die Befürworter des Projekts positive Effekte für Wirtschaft und Infrastruktur. Erste Unternehmen hätten sich bereits im Umfeld der künftigen A49-Trasse angesiedelt, und in den Parlamenten werde die Ausweisung von Gewerbegebieten diskutiert, sagt ein Sprecher des Regionalmanagements Mittelhessen, in dem sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammengeschlossen haben.

„Dabei geht es darum, wohnortnahe Arbeitsplätze für die Region zu schaffen und nicht neben der Autobahn noch massenhaft Fläche zu versiegeln.“ Ökologische Aspekte flössen zunehmend in solche Planungen ein. Belastungen durch die Bauarbeiten wie Lärm verhehlt der Sprecher nicht – hier trete man mit Verantwortlichen in Kontakt und versuche zu vermitteln.

Hessen: Protest im Dannenröder Forst - Zahlreiche laufende Verfahren

Doch das Projekt stieß auch auf Widerstand: Aktivisten errichten schon 2019 ein Protestcamp im Dannenröder Forst, um die Rodungsarbeiten zu verhindern. Ab Oktober 2020 wird im Dannenröder Forst gerodet. Mit Beginn der Arbeiten startet ein wochenlanger Großeinsatz der Polizei: Hunderte Beamte holen Tag für Tag protestierende Aktivisten im Herrenwald, im Dannenröder Forst sowie im Maulbacher Wald von den Bäumen. Im Dezember fällt der letzte Baum auf der Trasse.

Auch wenn sie die Rodungen und den Autobahn-Ausbau nicht stoppen konnten, hat sich der Widerstand dagegen aus Sicht der Aktivisten ausgezahlt: Man habe klar gemacht, dass die Verkehrswende ganz oben auf die politische Agenda gehöre, sagt Charlie Linde vom Bündnis „Wald statt Asphalt“.

Die Waldbesetzung im Dannenröder Forst sei ein „Katalysator“ für den Widerstand gegen den Autobahnbau in Deutschland gewesen, wie sich zuletzt auch an den Protesten gegen die Automobilmesse IAA in München gezeigt habe. „Es geht um die Transformation des Verkehrssektors und mehr Mobilität, etwa auf dem Land, mit einer besseren Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr.“

Protest um Weiterbau der A49: Waldbesetzung im Dannenröder Forst als „Katalysator“

Auch auf die Gerichte hat der Protest Nachwirkungen: Die Justiz hat es noch mit zahlreichen A49-Verfahren zu tun. Nach Angaben des Innenministeriums wurden etwa 1500 Ordnungswidrigkeiten und fast 500 Straftaten von Einsatzkräften im Zusammenhang mit den Protesten und dem Großeinsatz angezeigt.

Die Staatsanwaltschaft Gießen etwa sucht noch nach einem Mann, der ein Holzgestell zum Einsturz gebracht haben soll, das beinahe Polizisten getroffen hätte – es geht um den Verdacht des versuchten Totschlags. Ermittelt wird auch noch im Fall eines Beamten, der für den Sturz einer Aktivistin verantwortlich sein soll, die sich dabei verletzte.

Vor Frankfurter Amtsgerichten stehen zudem Prozesse gegen Umweltaktivisten an, die sich aus Protest gegen die Rodungen von Autobahnbrücken abgeseilt und den Verkehr lahmgelegt haben sollen. Termine stehen einer Sprecherin zufolge noch nicht fest.

Video: Polizisten gegen Aktivisten im Dannenröder Forst

Vor dem Landgericht Gießen dürfte demnächst der Berufungsprozess gegen eine Aktivistin beginnen, die „Ella“ genannt wird, deren tatsächliche Identität aber unbekannt ist. In erster Instanz wurde die Aktivistin zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Sie soll in einem Protest-Camp in 15 Metern Höhe einen Polizisten getreten sowie einem weiteren Beamten ihr Knie ins Gesicht gestoßen haben.

Und wie sieht es mit den Bauarbeiten heute aus? Nach Angaben der A49-Autobahngesellschaft wird aktuell an verschiedenen Stellen gearbeitet. „Darunter fallen Erdarbeiten über die gesamte Trasse, Gründungsarbeiten für die Brückenbauwerke sowie Bauarbeiten rund um die Anbindung der A49 an die A5 am künftigen Ohmtal-Dreieck“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Man sei mit allen Arbeiten im Zeitplan. (dan)

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