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Unterricht per Webcam - Lehrer Matthias Jehn aus Hutzdorf berichtet vom Homeschooling

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Von: Bernd Götte

Matthias Jehn muss sich beim Homeschooling voll konzentrieren.
Matthias Jehn muss sich beim Homeschooling voll konzentrieren. © Bernd Götte

Homeschooling - das Unterrichten von Schülern am Computer - ist nicht unumstritten. Der Lehrer Matthias Jehn aus Hutzdorf sammelt sowohl positive als auch negative Erfahrungen.

Hutzdorf - Matthias Jehn unterrichtet am Fachbereich Sozialwesen der Konrad-Zuse-Schule in Hünfeld. In der Corona-Pandemie findet der Unterricht online statt. Am Donnerstagvormittag hat er Schüler der 11. Klasse zu sich in den Onlineunterricht eingeladen. Von den 14 jungen Leuten sind aber nicht alle der Einladung gefolgt. Ein Mädchen lässt sich durch eine Mitschülerin entschuldigen, sie habe keine Einladung erhalten. Eine andere Schülerin trudelt erst zur Mitte der Unterrichtseinheit ein. Jehn lässt sich die gute Laune nicht verderben. „Ich bin total gerne Lehrer“, erklärt er. (Lesen Sie hier: Schulen reagieren auf hohe Corona-Zahlen)

Dass mehrere Schüler fehlen, sei zudem die absolute Ausnahme. In seiner größten Klasse mit 27 Leuten sei die Motivation gut. Die Fehlzeiten der Schüler werden wie im normalen Unterricht auch vermerkt. Wichtiger sei aber, dass sie ihre Arbeitsaufträge erledigten. Denn Klassenarbeiten könnten unter diesen Bedingungen nicht geschrieben werden, deswegen bekämen Hausarbeiten größeres Gewicht.

Hutzdorf: Lehrer Matthias Jehn berichtet vom Homeschooling

Über Webcam und Mikrofon hält Jehn Kontakt zu der Gruppe. Ihn können die Schülerinnen sehen, sie selbst können entscheiden, ob sie sich auf dem Bildschirm zeigen oder nur akustisch am Unterricht teilnehmen. So muss Jehn vor allem eines: reden. Sein Anteil an der Gestaltung des Unterrichts ist höher als sonst. Die Gesprächslenkung sei jetzt besonders wichtig, schließlich bestehe am Rechner eher als im Klassenraum die Gefahr, das sich die Schüler einfach aus dem Unterrichtsgeschehen ausklinkten.

„Das ist viel anstrengender als im Präsenzunterricht. Neulich war ich das erste Mal seit Jahren richtig heiser“, berichtet der 52-Jährige. Dabei muss er die ganze Zeit vor dem Bildschirm sitzen, die Bewegung im Klassenzimmer fehlt ihm, ebenso der Blickkontakt mit den Schülern. An diesem Tag ist er ein wenig darauf angewiesen, seine Schülerinnen an der Stimme zu erkennen. Manche Klassen ließen sich aber auch nahezu vollständig mit Bild unterrichten, da seien die Mentalitäten recht unterschiedlich.

Homeschooling bringt Probleme mit sich: Geschwister müssen Technik teilen

Sehr wichtig ist beim Homeschooling auch die gute Vorbereitung durch die Lehrkraft. Systematisch muss das digitale Unterrichtsmaterial aufbereitet, eigene Texte verfasst und die Schüler zum Unterricht eingeladen werden. Zudem stehen angesichts dieser neuen Herausforderungen vermehrt Fortbildungen für die Pädagogen auf dem Programm. „Ich arbeite jetzt mehr, als wenn ich normal in die Schule gehen würde“, berichtet Jehn. Und nicht zu vernachlässigen sei die Auswahl der Programme fürs Homeschooling.

Video: Homeschooling wegen Corona verstärkt soziale Ungleichheit

Auch die Schüler selbst hätten es nicht immer leicht. Manche hätten zuhause schlechte Internetverbindungen, andere sogar gar keinen Rechner. Auch andere technische Probleme treten ab und an auf. In Familien mit mehreren Schulkindern müssten sich die Geschwister oft einen Rechner teilen. Manche hätten auch gar keinen Computer daheim, so dass die Schule aushelfen muss.

Schulprojekte, bei denen Schülerinnen und Schüler etwas praktisch lernen könnten, entfielen derzeit. Gerade Schüler mit schlechter Motivation seien jetzt besonders schwer zu erreichen. Allerdings kann Jehn sehen, welcher Schüler gerade sein Mikrofon an hat und wer nicht. Und einen Vorteil sieht der Lehrer auch für seine Schüler: Beim Homeschooling können sie ohne Maske reden. Das sei nämlich nicht nur für die Lehrer, sondern auch für die Schüler im Präsenzunterricht ziemlich belastend gewesen.

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