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Geschäftsführer abgetaucht: Hutfabrik Wegener in vorläufiger Insolvenz

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Von: Andreas Ungermann

Das Fabrikgebäude von Wegener in Lauterbach.
In Lauterbach unterhielt Wegener zuletzt nur eine kleine Eigenproduktionsstätte. (Archivbild) © Martin Janneck

Im Drama um den Lauterbacher Huthersteller Wegener ist eine neue Episode angebrochen: Über eine der beiden Firmen – die R. & M. Wegener GmbH & Co. KG – ist nun das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden. Und das scheint zu einem komplizierten Unterfangen zu werden.

Lauterbach - „Das ist ein Albtraumverfahren“, sagt Rechtsanwalt Tim Schneider aus Gießen. Er ist vom Amtsgericht Gießen zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Firma R. & M. Wegener bestellt worden. Seit 25 Jahren ist der Jurist in der Insolvenzverwaltung tätig, hat nach eigenen Angaben Hunderte Verfahren betreut. „Aber Wegener ist eine absolute Ausnahme“, sagt Schneider. Einen Überblick über die Insolvenzmasse habe er sich bislang nicht verschaffen können. Wann dies der Fall sein wird, ist auch nicht absehbar.

Vogelsberg: Hutfabrik Wegener - vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet

„Der Geschäftsführer Daniel Stanislav Wlodarczak ist abgetaucht und war für mich bislang nicht erreichbar“, sagt Rechtsanwalt Schneider. Somit seien Höhe und Art der Verbindlichkeiten sowie die Anzahl möglicher Schuldner völlig unklar. „Es ist schon sehr verdächtig, wenn ein Investor im Februar ein Unternehmen übernimmt, 50 Mitarbeiter entlässt, den alten Stammsitz samt Lagerbeständen und Unterlagen ausräumt und irgendwo nach Chemnitz verlagert. Da kommt schon die Frage auf: Was wollte der mit der Firma? Das ist alles höchst unseriös“, konstatiert der Insolvenzverwalter und stellt fest: „Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Aber wundern würde es mich nicht, wenn am Ende hier auch die Staatsanwaltschaft ins Spiel käme.“

Wenn weiterhin alle Versuche, Wlodarczak zu kontaktieren, vergeblich bleiben – ob nun per Telefon oder Mail –, könnte Schneider selbst entsprechende Schritte in die Wege leiten. Dann nämlich, wenn der Geschäftsführer vom Insolvenzgericht vorgeladen werde, notfalls per Haftbefehl, erläutert der Rechtsanwalt. Davon, dass im vorläufigen Insolvenzverfahren, das von einem Sozialversicherungsträger angestoßen worden war, eine Rettung möglich ist, geht er angesichts der Ausgangslage indes nicht mehr aus. (Lesen Sie auch: „Wieder Einkaufserlebnis schaffen“: Potenzieller Galeria-Investor spricht über seine Pläne)

Das Verfahren ist ein weiterer Schritt in einer zuletzt unrühmlichen Geschichte des Lauterbacher Traditionsunternehmens. Bereits während der Corona-Pandemie war die Firma Wegener in Schieflage geraten. Mit der Idee, Kapital mittels Crowdfunding – also einer Art Spendensammlung – zu generieren, hatte Juniorchefin Theresa Wegener überregional für Aufsehen gesorgt. Doch am Ende stieg Daniel Stanislav Wlodarczak als Investor ein. Im Februar sorgte der Investor für Unmut, als er den etwa 50 Mitarbeitern des Unternehmens gekündigt hatte. „Dies entsprach nicht den Vereinbarungen, die im Vorfeld zwischen Familie Wegener und dem Investor getroffen wurden“, schrieb Theresa Wegener damals in einer Pressenotiz. Die junge Frau, hatte im Juli 2018 die Unternehmensleitung übernommen und diese bis zum Februar dieses Jahres inne. Danach hatte Wlodarczak die Leitung allein übernommen.

Video: Mehr Unternehmensinsolvenzen in Deutschland

Nach dem Disput zwischen Investor und der einstigen Inhaberfamilie gründete Theresa Wegener die Wegener 1817 GmbH & Co. KG, deren Name auf das Gründungsdatum des Betriebs Bezug nimmt. Mit dem neuen Unternehmen wollten die Lauterbacher weiterhin das Recht behalten, unter ihrem Namen Hüte zu produzieren. Die beiden Gebäude im Lauterbacher Ortsteil Blitzenrod, nahe dem Ortsausgang in Richtung Herbstein (Vogelsberg), waren im Besitz der Familie geblieben. Die Firma Wegener 1817, die nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war, ist von der Insolvenz nicht betroffen.

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