Kirchengeschichtliches Juwel: Kanzelaltar in der Schlitzer Sandkirche
Schlitz - Die Stadt Schlitz verfügt mit der Sandkirche, einer 1612 errichteten Friedhofskapelle, über ein kirchengeschichtliches Juwel, das trotz der verdienstvollen Publikation von Volker Puthz noch nicht ausreichend gewürdigt ist.
Die kleine Kirche enthält nämlich den ältesten Kanzelaltar Hessens und einen der ältesten lutherischen Altäre Deutschlands. In der Veröffentlichung von Puthz aus dem vergangenen Jahr wird der Kanzelaltar nur beiläufig erwähnt, auch fehlt eine neuere Abbildung.
Seit der Reformation gibt es eine unbestrittene Grundregel für den protestantischen Kirchenbau. Diese bestimmt die Stellung von Altar und Kanzel in der Mittelachse der Kirche. Daraus entwickelte sich noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts der sogenannte Kanzelaltar, die Anbringung der Kanzel über dem Altar.
Im Gegensatz zur katholischen Liturgie sind Sakrament und Wort, das heißt Altar und Predigt, von nun an gleichberechtigt. Man kann sogar sagen, die Predigt von der Kanzel wurde durch die Reformation zum Schwerpunkt des evangelischen Gottesdienstes.
In der allgemeinen Wahrnehmung sehen wir Kursachsen und Thüringen, die Fürstentümer, in denen Luther wirkte, als die Geburtstätten des Kanzelaltars. Der erste Altar dieser Art entstand jedoch 1581 in der Schlosskapelle in Rotenburg an der Fulda unter der Herrschaft des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen-Kassel. Leider wurde der Altar bei der Modernisierung der Kirche 1790 zerstört, nur der Altartisch ist noch erhalten. Der älteste noch existierende Kanzelaltar wurde im thüringischen Schmalkalden 1785 errichtet und zwar ebenfalls durch den hessischen Landgrafen Wilhelm IV.
1612 entstand in der Sandkirche der heute älteste Kanzelaltar Hessens, eine Inkunabel der lutherischen Kirche. Thüringen ist und bleibt zwar das Zentrum der Reformation, die ersten Auswirkungen auf den Kirchenbau liegen aber im nördlichen Hessen.