Beide Vogelschützer wie auch Axel Rockel als ehrenamtlicher Vogelschutzbeauftragter des Vogelsbergkreises weisen auf den permanenten starken Rückgang des Braunkehlchens in unserer Region hin. Generell stark fallend sei die Tendenz. In Deutschland zähle man derzeit 19.500 bis 20.000 Brutpaare. Schwerpunktmäßig im Offenlandbereich des Hohen Vogelsbergs mit ausgedehnten Heckenzügen sei das Braunkehlchen in den vergangenen Jahren noch vereinzelt mit bis zu 20 Revieren festgestellt worden.
In diesem Zusammenhang verweist Axel Rockel auf das seit zehn Jahren bestehende „Wiesenbrüter-Projekt“ vom NABU Vogelsberg, das relativ großflächig angelegt wurde in den Lüderauen von Grebenhain-Crainfeld und Bermuthshain. Hier konnte dem massiven Bestandseinbruch, der vor etwa drei Jahrzehnten begann, bisher ein wenig Einhalt geboten werden. „Bodenbrüter wie das Braunkehlchen finden in diesem Bereich von knapp 100 Hektar noch ein ideales Terrain, man kann noch Restvorkommen von Brutpaaren beobachten.“
Doch: Was macht es in einer von Natur geprägten Landschaft wie dem Vogelsberg eigentlich so schwer, beispielsweise einmal Wiesenstreifen stehen zu lassen? „Braunkehlchen benötigen Sitzwarten und Streifen, die über Jahre nicht gemäht wurden“, sind sich die Vogelschutzexperten einig.
Was macht es so schwer, alte Zaunpfähle einmal nicht wegzureißen oder neue an Stellen einzusetzen, wo sie landwirtschaftliche Maschinen nicht stören? Was macht es so schwer, wenn solche und ähnliche Maßnahmen auf Anfrage hin beispielsweise vom NABU finanziert werden? Was macht es schwer, einmal mit dem Landwirt von nebenan darüber zu reden – sicherlich hat er ein offenes Ohr. Und weiß vielleicht gar nicht, dass einjährig ausgesäte Blühstreifen für Bienen sehr sinnvoll sein können, jedoch Bodenbrütern kaum weiterhelfen, eher dafür Weg- und Feldränder, sowie Hecken und Büsche.
Nicht persönliche Eitelkeit ist es, die Natur- und Vogelschützer antreibt. Unter anderem spielt für sie beispielsweise aktuell eine besondere Rolle, dass Klimaveränderungen zunehmend spürbar werden. Alles steht eng in Zusammenhang mit einem gravierend rasanten Artensterben. Vielleicht kann man ja doch im kommenden April auf einem kostenlos vom NABU zur Verfügung gestellten Zaunpfahl wieder einmal ein Braunkehlchen bei seiner Rast beobachten – zurückgekehrt von seinem harten über 5000-Kilometer-Langstreckenflug aus der südlichen Sahara. (von Margaret Perkuhn)