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Alle Jahre wieder: Am 27. Dezember war im Vogelsberg der Erbesbär unterwegs

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Vogelsberg: Erbesbär zieht mit Schnaps durch Üllershausen
Erwürfelt hat sich die Ehre dieses Jahr der Erbesbär von Üllershausen zu sein, einen Tag zuvor, Jakob. © Sigi Stock

Ununterbrochen seit 50 Jahren treibt am 27. Dezember der Erbesbär in Üllershausen sein „Unwesen“.

Üllershausen - Dann ziehen junge Männer im Alter zwischen 15 und 26 Jahren durch den Ort von Haus zu Haus und bitten um Geld oder Lebensmittel. In früheren Zeiten gab es Eier, Speck und Brot, damit am Ende des Tages eine kräftige Mahlzeit für alle heraussprang. In Üllershausen erhalten die jungen Männer nun überwiegend Bargeld.

Vogelsberg: Erbesbär zieht mit Schnaps durch Üllershausen

Kurz geruht hatte dieser schöne alte Brauch aus dem Vogelsberg mal in den 1960er Jahren, dann aber ging es jedes Jahr munter weiter. Jeder Spender erhält als Dankeschön einen guten Tropfen aus der Schlitzer Destillerie. Am Abend des 27. Dezember treffen sich alle dann im Feuerwehrgerätehaus auf einen gemütlichen Abend.

Beim Üllershäuser Erbesbär sind grundsätzlich nur einheimische Buben dabei. Auch beim Strohbinden des „Bären“ haben sie ihre eigene Technik: Es werden Strohbündel für Bündel nebeneinander an einem Vogelnetz angebracht. Diese wurden am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages im Bauwagen gebunden. Circa 200 an der Zahl wurden eigens dafür hergestellt.

Für den Erbesbär kommen in Üllershausen immer nur „Neue“ beziehungsweise Jungspunde zum Zug – und zwar durch Würfeln. Erwürfelt hat sich die Ehre dieses Jahr der Erbesbär zu sein, einen Tag zuvor, Jakob. Der Bursche wurde in diesem Jahr konfirmiert. Als Erbesbär hat er den schwersten Part. (Lesen Sie auch: 100-jährige Tradition: Strohbär in Mottgers vertreibt böse Geister)

Am Dienstag trafen sich dann bereits um 8 Uhr sieben jungen Männer in der Scheune von Normen Schmidt. Er gehörte einst ebenfalls zu dieser Truppe, die diesen schönen Brauch nicht aussterben lassen will. Dort bekam der Erbesbär sein Unterkleid, das Vogelnetz, das Gerüst zum Befestigen der Strohbündel, verpasst. Geduldig stehen ist dabei vonnöten. Sitzt das Gerüst, werden die Strohbündel befestigt, Stück für Stück gut festgezurrt. Vorher wird nochmals ordentlich gefrühstückt. Noch kann sich der Erbesbär bewegen. Später geht nichts mehr.

Nach Fertigstellung des Bären, schlüpft auch der Rest der Truppe in seine Bekleidung. Um die Mittagszeit setzte sich die Gruppe der sieben jungen Männer – Paul, Peter, Philipp, Colin, Maxi, Jakob und Fabian – in Bewegung. An jeder Haustür wurde geklingelt oder geklopft. Mit jedem wurde freundlich Smalltalk gehalten, ein Schnäpschen gehörte dazu!

Durch das gesamte Dorf zog der Tross. Auch wer im Dorf unterwegs war, wurde kurzerhand angesprochen. Irgendwann ist Ende. Im nächsten Jahr wird der alte und schöne Brauch aufs Neue durchgeführt. Das ist schließlich nach einhelliger Meinung Ehrensache. (Von Sigi Stock)

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