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„Präzise ins Herz der Zuhörer“ - „Internationale Chorakademie“ gastierte in der Landesmusikakademie

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Von: Bernd Götte

Internationale Chorakademie
Die handverlesenen Sängerinnen und Sänger der „Internationalen Chorakademie“. © Bernd Götte

Eigentlich war es keine leichte Sommerkost, die die „Internationale Chorakademie Lübeck“ den Besuchern ihrem Publikum am Dienstagabend (9. August) in der Landesmusikakademie servierte. Doch der jugendlichen Charme und die technische Brillanz der Akteurinnen und Akteure betörte und ließ am Ende eine fröhliche und beflügelte Zuhörerschaft zurück.

Schlitz - Auf dem Programm standen vier Motetten von Anton Bruckner und das Chorwerk „Stabat Mater“ von Antonín Dvorák. Letzteres durfte das Publikum nicht mit der bekannten Orchesterbegleitung hören, sondern in der viel weniger gespielten Klavierversion. Pianist Maro Klátik verlieh den Gesangsstücken Kraft, aber auch eine gewisse Intimität. Kaum jemand dürfte bei dieser Version die Orchesterbegleitung vermisst haben.

Vogelsberg: Internationale Chorakademie gastiert in Landesmusikakademie

Der Anlass der Entstehung von der „Stabat Mater“ ist traurig. Textlich bezugnehmend auf die Trauer Marias über Jesu Tod, verarbeitete Dvorák in den 1870er Jahren seinen Schmerz über den Tod seiner drei Kinder. Musikalisch können die Zuhörerinnen und Zuhörer ganz mitgehen: Schmerz, Ungläubigkeit, Wut und Resignation spiegeln sich in der Partitur von „Stabat Mater“ wider.

Für solch ausdrucksstarke Melodien braucht man auch ausdrucksstarke Künstler, und die hatte der Projektchor der „internationalen Chorakademie zu bieten. 14 der rund 30 auftretenden Sängerinnen und Sänger hatten ihre eigenen Solostellen und meisterten diese mit Bravour – ein Grund, warum dieses Chorerlebnis qualitativ kaum zu schlagen war. Die Chormitglieder werden handverlesen, wie Dirigent Prof. Rolf Beck eingangs des Konzertes verriet.

Es handelt sich nach Becks Aussagen bei ihnen um Gesangsstudierenden aus elf verschiedenen Ländern, nach Becks Aussagen mit einem Schwergewicht auf Teilnehmende aus Portugal, die sich durch ein Vorsingen erst für die „Internationale Chorakademie“ qualifizieren müssen. Und es werde erwartet, dass Jede und Jeder dann auch in der Lage sei, einen Solopart zu übernehmen.

Chor zog alle Register im Konzertsaal der Landesmusikakademie

Die, die man an diesem Abend im Konzertsaal der Landesmusikakademie hören konnten, erfüllten die Erwartungen des Publikums über die Maßen. Die verschiedenen Stimmlagen zogen alle Register, die ihnen Bruckner und Dvorak vorgaben. Dabei überraschte besonders ein Mezzosopran, denn diese an sich als weiblich geführte Stimmlage wurde von einem jungen Mann. Und der Chor wusste schon am Beginn des Konzertes mit Bruckners „Factus est“ schnell präzise das Herz der Zuhörer zu treffen.

Gezügelten Wucht und fast uferlose Hingabe: das Publikum merkte schnell, dass hier ein musikalischer Gottesdienst zelebriert wurde. Und als bei dem ersten Satz von „Stabat mater“ der Tenor nach dem relativ langen die melodischen Themen anreißenden Klaviervorspiel fast zaghaft den Gesang begann, hatte auch Dvorák das Publikum gewonnen.

Der Chor schöpfte den zugegeben etwas düsteren Farbenreichtum des Werkes voll aus, fordernde Stimmgewalt und lyrisches Innehalten, der Chor kniete sich mit Verve in die Materie hinein und, und wenn bei „Fac, ut ardeat cor meum“ Pianist und Basssänger gemeinsam wie mit dem Lineal gezogen den Satz beendeten, dann waren sich alle im Saal über die Präzision und die Klasse der Solisten klar.

Der Chor beschenkte die Zuhörer im nicht ganz gefüllten Festsaal – der Eintritt war übrigens frei – mit einem Wechselspiel der Stimmungen, das schließlich in einem fast schon versöhnlichem „Amen“ seinen Abschluss fand. Etliche Konzertbesucher erhoben sich nach diesem hochklassigen Chorerlebnis von den Stühlen, um den Sängerinnen und Sängern klatschend zu danken.

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