„Herz sagt ja, Kopf sagt nein“ - Vogelsberger SPD verzichtet auf eigene Landratskandidatur

Für die Landratswahl im Herbst 2023 wird die Vogelsberger SPD keinen eigenen Kandidaten nominieren. Das haben Kreisvorstand, Kreistagsfraktion und die Vorsitzenden der Ortsvereine in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen.
Vogelsbergkreis - Den Beschluss, keinen eigenen Kandidaten bei der Landratswahl 2023 ins Rennen zu schicken, machte der SPD-Kreisvorsitzende Patrick Krug am Dienstag (13. September) öffentlich.
„Das Herz sagt ja, der Kopf sagt nein – das fasst den Inhalt von vielen Gesprächen, die der Entscheidungsfindung über den Sommer vorausgegangen sind, gut zusammen. Natürlich hat die SPD den Anspruch, den Vogelsbergkreis weiterhin zu gestalten“, sagte Krug.
Vogelsberg: SPD verzichtet auf eigene Landratskandidatur
Es hätte daher nahegelegen, auch bei der kommenden Landratswahl im Vogelsberg wieder mit einer eigenen Kandidatur ins Rennen zu gehen. Die SPD stellt aktuell mit Manfred Görig den Landrat. „Nüchtern und bei Lichte betrachtet sprachen aber die besseren Argumente gegen eine Kandidatur, gerade auch um unserer Verantwortung als Teil der Kreiskoalition und damit als gestaltende Kraft gerecht zu werden“, begründete der Kreisvorsitzende die Entscheidung seiner Partei.
So arbeite man seit nunmehr über sechs Jahren im Landkreis gut und vertrauensvoll mit der CDU und Dr. Jens Mischak zusammen, der sehr wahrscheinlich Landratskandidat seiner Partei sein wird. Man habe Mischak gemeinsam 2016 und 2022 zum hauptamtlichen Ersten Kreisbeigeordneten gewählt und damit das Vertrauen in seine Arbeit bekundet.
Dass diese Zusammenarbeit erfolgreich sei, belege die Entwicklung des Vogelsbergkreises in den vergangenen Jahren, die beispielhaft daran deutlich werde, dass die Einwohnerzahl des Landkreises im vergangenen Jahr erstmals seit langen Jahren wieder gestiegen sei.
„Ein Wahlkampf um das Amt des Landrats zwischen zwei Bewerbern aus der Kreiskoalition birgt natürlich die Gefahr, dass die gute Arbeit ins Stocken gerät und es zu Konflikten und Reibungen kommt. Das kann der Vogelsbergkreis nicht gebrauchen. Vor uns haben das auch schon andere Parteien so gesehen“, sagte Krug.

Denn bei allen Landratswahlen im Vogelsbergkreis in den letzten knapp 20 Jahren habe es aus den Reihen der jeweiligen Kreiskoalition, an denen ganz unterschiedliche Parteien beteiligt waren, immer nur eine Kandidatur gegeben. „Vielleicht ist die Überzeugung, dass die Interessen des Kreises immer vor denen der eigenen Partei stehen müssen, eine Art Vogelsberger Stil“, rief der SPD-Vorsitzende in Erinnerung.
Zudem stehe auch der Vogelsbergkreis durch die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, wirtschaftlichen und finanziellen Verwerfungen durch Inflation und Energiekrise, die weiterhin spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie oder den Kampf gegen den Klimawandel vor besonderen Herausforderungen, die den vollen Einsatz der Kreispolitik verlangen würden. Ein mehrmonatiger Wahlkampf innerhalb der Koalition um das Amt des Landrats könne hierdurch noch größere negative Auswirkungen haben.
Natürlich sei man sich in der Diskussion bewusst gewesen, dass man als politische Partei auch Verantwortung für eine lebendige Demokratie trage, zu der gehöre, dass es bei Wahlen bestenfalls die Auswahl zwischen mehreren Bewerberinnen und Bewerbern gäbe, zumal die SPD bisher die einzige Partei im Vogelsbergkreis sei, die bei jeder vergangenen Landratswahl einen Kandidaten gestellt habe. Als Teil einer Mehrheitskoalition sei man eben aber auch gefordert, der Verantwortung, die man für die weitere Entwicklung des Landkreises habe, gerecht zu werden. (Lesen Sie auch: Einzigartig in Deutschland: Altes Postamt in Alsfeld wird zur virtuellen Welt)
„Wir haben uns nach reiflicher Überlegung und Abwägen aller Argumente für Letzteres entschieden. Politik für den Vogelsbergkreis und seine Menschen macht die SPD aber auch weiterhin. Wir werden uns auch zukünftig inhaltlich und personell an entscheidender Stelle in der Kreispolitik einbringen“, betonte Krug.
Patrick Krug: SPD im Vogelsberg will Landtagskandidaten nominieren
Er kündigte an, dass der SPD-Kreisvorstand Ende September einen Landtagskandidaten nominieren und vorstellen werde: „Wir konzentrieren uns darauf, dass es bei der am gleichen Tag stattfindenden Landtagswahl endlich einen Politikwechsel in Hessen gibt und der Vogelsberg wieder durch einen sozialdemokratischen Abgeordneten im Hessischen Landtag vertreten wird.“
Abschließend wies Krug darauf hin, dass die Entscheidung der SPD, mit keiner eigenen Kandidatur zur Landratswahl anzutreten, frei und selbstbestimmt getroffen worden sei.
„Es gab von Seiten der CDU keine Forderung an uns, auf eine Kandidatur zu verzichten. Auch gibt es keine zusätzliche Vereinbarung zu der im veröffentlichten Koalitionsvertrag enthaltenen Regelung zur jetzigen und zukünftigen Besetzung des hauptamtlichen Kreisausschusses. Der Verzicht auf eine Kandidatur ist alleine die aus den geschilderten Beweggründen resultierende freie Entscheidung der SPD.“ (sob)