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310 Menschen demonstrierten im Vogelsberg gegen Windkraftanlagen

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Von: Bernd Götte

Einige, wie der ehemalige Bürgermeister und CDU-Stadtverbandsvorsitzende Hans-Jürgen Schäfer, kamen mit dem Fahrrad.
Einige, wie der ehemalige Bürgermeister und CDU-Stadtverbandsvorsitzende Hans-Jürgen Schäfer, kamen mit dem Fahrrad. © Bernd Götte

Der Widerstand gegen Windkraftanlagen auf dem Lochberg nimmt Tempo auf: 310 Menschen trafen sich am Mittwochabend vor Ort, um ihren Unmut über die mögliche Errichtung von Windrädern auszudrücken. Eine Bürgerinitiative wird sich gründen.

Schlitz - Der Quecker Ortsvorsteher Hans Kraft hatte die Veranstaltung in die Wege geleitet und den CDU-Landtagsabgeordneten Michael Ruhl aus Herbstein (Vogelsberg) eingeladen, der Möglichkeiten aufzeigen sollte, wie man den Lochberg am besten frei von Windrädern hält. Fünf Shuttlebusse waren im Einsatz, um die Bürgerinnen und Bürger auf die Höhe zu bringen. Etliche kamen auch mit dem Fahrrad zum Lochberg.

Kraft berichtete, dass die Stadt Schlitz die Verpflichtung zur Errichtung von Windkraftanlagen recht ernst genommen habe. Ziel sei es gewesen, einen Flickenteppich von Windvorrangflächen zu vermeiden. „Das ist ihr nach meiner Meinung mit der Fläche im Berngerod auch gelungen“, meinte Kraft. Damit habe das Regierungspräsidium Gießen den Willen der Stadt akzeptiert. (Lesen Sie auch: Radfahrer erobern die A7 bei Fulda: Polizei-Hubschrauber begleitet Demo-Zug)

Vogelsberg: Windkraft-Demo - Mehr als 300 Menschen versammeln sich auf Lochberg

Wortbrüchig sei dann die Regionalversammlung geworden, die neue Windvorrangflächen am Lochberg im Gegenzug nicht aus den Planungen herausgenommen habe. „Die ländliche Bevölkerung ohne prominente Mitbewohner und ohne sonstige Lobby scheint den Politikern anscheinend nicht am Herzen zu liegen, um es gelinde auszudrücken“, sagte Kraft unter dem Applaus der Anwesenden. Kraft verwies auch auf die Nachbarortschaft Langenschwarz, die durch einen Anlagenbau auf dem Lochberg von Windrädern umzingelt werden würde. Eine Umzingelung der Ortschaften im Unteren Fuldagrund will Kraft auf jeden Fall vermeiden. Vor allem will man sich auch gegen das Heranrücken der Windräder auf bis zu 1000 Meter an die Wohnbebauung wehren. Es gebe starke Anzeichen dafür, dass dies auch die Gesundheit der Anwohner gefährde, machte Kraft anhand einiger Beispiele deutlich.

Ruhl wies drauf hin, dass für die Ausweisung von Windkraftflächen zwei Prozent des hessischen Landesgebiets vorgesehen seien. Allerdings sei Windkraft nicht überall möglich, sodass bestimmte Regionen für die Ausweisung solcher Flächen wegfielen. Schlitz habe sich mit der Ausweisung von vier Prozent der Stadtgebietsfläche vorbildlich verhalten, allerdings sei die Kommunalplanung in der Vergangenheit von der Regionalplanung überschrieben worden. Immerhin sei der Mindestabstand zur Wohnbebauung von ursprünglich 300 nun auf 1000 Meter erhöht worden. „Wenn man Flächen durch eine Normenkontrollklage aus dem Vorranggebiet herausbekommt, ist man fein raus“, beschrieb Ruhl den Königsweg. Wichtig sei es, während des Verlaufs einer solchen Klage auch Planungsverfahren zu unterbinden, damit ein eventueller Investor die Lust an dem Projekt verliere. Versprechen wollte Ruhl den Schlitzerländern aber nichts. Mit einem Gerichtsverfahren könne man aber Zeit gewinnen, zumal vom Bauantrag für ein Windrad bis zur Fertigstellung fünf Jahre ins Land gingen, sagte Ruhl.

Eine Zahl, die später von dem Vorsitzenden des Vereins „Pro Lebensraum Kiebitzgrund e.V.“, Ernst Pfingstgräff, angezweifelt wurde. Nach dessen Informationen könne ein Genehmigungsverfahren schon innerhalb eines Jahres erfolgen, um eine Windenergieanlage auf den Weg zu bringen. Er wies darauf hin, dass Behörden dazu angehalten seien, Investitionen in Windenergie zu unterstützen. Dabei würden auch avifaunistische Gutachten nicht mehr viel helfen. Der Rotmilan genieße zum Beispiel keinen besonderen Schutzstatus mehr. Weitere Unterstützung aus Burghaun gab der Gemeindevertreter Christian Heß (CDU), der dafür warb, gemeindeübergreifend das Problem anzupacken. Die Vorsitzende der Landschaftsschützer zwischen Rhön und Vogelsberg, Dr. Ute Schmidt-Berger, zeigte sich pessimistisch: „Wir haben längst nicht mehr so gute Karten wie noch vor ein paar Jahren.“

Für gemeinsames Handeln plädierte als Vertreter des Schlitzer Magistrats Stadtrat auch Heiko Siemon (CDU): „Wir haben im Magistrat ganz klar und auch in der Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung die Meinung, dass wir an dieser Stelle keine Windkraft haben wollen.“ Er verwies außerdem auf einige Vertreter der anderen Parteien der Stadtverordnetenversammlung, die sich ebenfalls zu der Kundgebung eingefunden hatten. Es ergebe Sinn, den politischen Druck durch eine Bürgerbeteiligung durch eine BI zu verstärken. Jetzt sei am Lochberg ein Investor aufgetaucht. Aber um rechtlich gegen einen Bau vorzugehen, müsse zunächst ein Bauantrag vorliegen, klärte Siemon auf.

Gegen die Gründung einer Bürgerinitiative regte sich aber kein Widerstand. Als Hans Kraft fragte, wer dafür sei, reckten sich augenscheinlich alle Arme in die Höhe.

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