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Streit im Wartenberger Rathaus: Vize-Bürgermeister tritt von allen Ämtern zurück

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Von: Sophie Brosch

Bernd Wahl konnte das Verhalten des Bürgermeisters „nicht mehr mittragen“.
Im Wartenberger Rathaus ist ein Streit entfacht: Der Vize-Bürgermeister wollte das Verhalten des Bürgermeisters „nicht mehr mittragen“. © Marius Scherf

Ein Streit zwischen Bürgermeister Dr. Olaf Dahlmann (SPD) und seinem Stellvertreter Bernd Wahl (Freie Wähler) hat in Wartenberg dazu geführt, dass Wahl von seinen Ämtern zurückgetreten ist. Der Erste Beigeordnete sieht beim Rathauschef erhebliches Fehlverhalten.

Wartenberg - „Ich konnte das Verhalten des Bürgermeisters nicht mehr mittragen“, sagt Bernd Wahl, als er gegenüber unserer Zeitung bestätigt, dass er seine Ämter in der Gemeinde Wartenberg im Vogelsberg nach 22 Jahren zum 1. Mai niedergelegt hat. Zuvor hatte der Lauterbacher Anzeiger berichtet. Wahl befürchtet, dass das Verhalten von Bürgermeister Olaf Dahlmann rechtliche Folgen haben und ihn als dessen Stellvertreter damit treffen könnte.

Wartenberg: Streit im Rathaus - Vize-Bürgermeister tritt zurück

In einem Brief hat Wahl, der im Finanzamt arbeitet, seine Kritik konkretisiert: „Die Vorgehensweise beziehungsweise zeitliche Abfolge bei diversen gemeindlichen Vorhaben/Maßnahmen und Ihr teilweises Verhalten in den Sitzungen und den Umgang mit Protokollen des Gemeindevorstandes kann ich als Erster Beigeordneter so nicht mehr mittragen beziehungsweise mit meinen Unterschriften dokumentieren.“

Zwischen den beiden habe es schon länger Unstimmigkeiten gegeben. „Ich habe mit einem Rücktritt von Bernd Wahl gerechnet, aber nicht so schnell“, sagt Olaf Dahlmann, der im November 2020 zum Wartenberger Bürgermeister gewählt wurde. Weil Beschlüsse des Gemeindevorstands der Schweigepflicht unterliegen, muss Bernd Wahl nach eigenen Angaben über vieles schweigen.

Um seine Vorwürfe dennoch zu untermauern, führt Wahl gegenüber unserer Zeitung mehrere Beispiele an. So habe er beim Kauf des Angersbacher Bahnhofsgebäudes durch die Gemeinde im Jahr 2022 bereits darauf hingewiesen, dass das undichte Dach provisorisch repariert werden müsse, damit nicht noch mehr Wasser eindringen könne. „Dr. Dahlmann wollte sich darum kümmern – als ich im Februar noch einmal nachgefragt habe, hieß es, man sei mit einer Firma in Kontakt“, erzählt Wahl. Als er schließlich selbst bei der Firma nachgehakt hatte, hieß es, dass diese einen Termin vor Ort absagen musste. Daraufhin habe die Gemeinde keinen neuen Termin ausgemacht.

Zur Kritik seines bisherigen Stellvertreters nimmt Olaf Dahlmann Stellung: „Ich habe den Bauamtsleiter gebeten, Kontakt mit der Firma aufzunehmen. Sie wollten sich das Gebäude angucken, wenn das Wetter besser ist. Die Firma ist beauftragt.“

Dachsanierung, Kindergartenausbau, Spendenquittung: Dahlmann reagiert auf Vorwürfe

Ein weiterer Streitpunkt war der Kindergartenanbau in Angersbach. Wie Bernd Wahl berichtet, wurden zum Begradigen des Geländes – anders als im Gemeindevorstand beschlossen – große L-Steine gesetzt. „Die Kinder gucken jetzt gegen eine Betonwand“, moniert der ehemalige Vize-Bürgermeister. Von der Planänderung, die „erhebliche Mehrkosten“ verursacht habe, habe er erst durch Bürger erfahren. „Wir haben den Bürgermeister damit konfrontiert, aber das Kind war schon in den Brunnen gefallen. Bei zwei anschließenden Ortsbegehungen waren die Steine schon gesetzt.“

Dazu sagt Olaf Dahlmann: „Im Bauprozess gibt es immer Fragestellungen, die sich kurzfristig ergeben.“ Der Bürgermeister räumt ein, dass die L-Steine zu dem Zeitpunkt der beiden Ortstermine bereits gesetzt worden waren. „Das habe ich mit einem externen Planer im Rathaus entschieden.“ Dahlmann spielt den Ball zurück: „Der Umbau kostet etwas weniger als eine halbe Million Euro. Warum hat sich der Gemeindevorstand die Baustelle erst auf Zuruf von Bürgern angesehen?“ Die Mehrkosten durch die Abweichung vom ursprünglichen Bauplan könne er noch nicht beziffern.

Schlagzeilen hat zuletzt eine Spendenquittung für das Verleihen von Bauzäunen aus dem Besitz von Dahlmann an die Gemeinde gemacht. Wie der Lauterbacher Anzeiger berichtete, hatte der Bürgermeister vier Bauzäune an die Gemeinde verliehen. Dafür habe er sich eine Spendenquittung über 800 Euro ausstellen lassen. Kritiker stören sich daran, dass kein gemeinnütziger Zweck vorgelegen habe.

„Ich habe die Spendenbescheinigung nach bestem Gewissen unterschrieben“, erklärt Bernd Wahl. Später habe er jedoch gezweifelt und den Bürgermeister gebeten, dem Gemeindevorstand die Quittung wieder auszuhändigen. „Wenn es sich um einen Steuerstraftatbestand handelt, werde ich es anzeigen“, sagt Wahl.

Olaf Dahlmann hält sein Vorgehen nicht für strafbar. „Nach meinem Stand heute ist die Spendenquittung weiterhin rechtens“, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung. Er habe sich Rechtsbeistand geholt, der den Vorgang aktuell prüfe. „Ich warte auf die Stellungnahme, je nachdem werde ich weitere Schritte in die Wege leiten.“

Wartenberg: Vize-Bürgermeister Wahl hofft auf Änderungen nach seinem Abgang

Bernd Wahl hofft, dass sich durch seinen Abgang etwas bewegt. Er werde die öffentlichen Sitzungen weiterhin als Bürger besuchen. Wer seine Nachfolge antritt, ist noch nicht bekannt.

Die nächste Sitzung der Gemeindevertretung Wartenberg findet am Donnerstag, 11. Mai, um 19.30 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses in Angersbach statt. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Erneuerung des Brückenbauwerks „Alte Straße“, ein Antrag von Bürgermeister Dahlmann zu kommunalen Wasserkonzepten, die Unterzeichnung der Eltviller Erklärung sowie mehrere Anträge der Fraktionen. Diese betreffen unter anderem die Ortsumgehung B254n (CDU).

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